Verseuchte Lebensmittel:Kampf gegen den tödlichen Schimmel

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Wissenschaftler wie Bradley Flat und Edson Ncube (Bild) vom Grain Crops Institute im südafrikanischen Potchefstroom untersuchen, wie sich der Schimmelpilzbefall von Mais in Südafrika verhindern lässt. (Foto: Universität Münster)

In Deutschland und Europa tauchen immer wieder Lebensmittel auf, die mit krebserregenden und sogar tödlichen Schimmelpilzgiften verseucht sind. Noch deutlich größer ist das Problem allerdings in den Entwicklungsländern. Nun haben sich deutsche und südafrikanische Wissenschaftler im Kampf gegen die Gefahr verbündet.

Als Anfang März in Deutschland mit Schimmelpilz verseuchter Futtermais aus Serbien entdeckt wurde, war die Aufregung groß. Zu recht: Diese Pilze stellen tatsächlich eine ernsthafte Bedrohung der Gesundheit dar. Zwar bestand in diesem Fall zum Glück wohl keine konkrete Gefahr für die Verbraucher. Aber immer wieder mussten in den vergangenen Jahren in Deutschland und der Europäischen Union auch Lebensmittel zurückgerufen werden. Denn Schimmelpilze produzieren Aflatoxine. Diese Gifte gehören zu den stärksten natürlich vorkommenden krebserregenden Substanzen.

Und abhängig von den klimatischen Bedingungen, vom jeweiligen Pilzstamm und den befallenen Lebensmitteln können Schimmelpilze noch eine Vielzahl weiterer Gifte bilden und so Menschen und Tiere auf unterschiedliche Weise in ihrer Gesundheit und Entwicklung beeinträchtigen - und sogar umbringen.

Die Bedrohung durch Schimmelpilze ist global. Doch am größten ist die Gefahr offenbar für Menschen in den Entwicklungsländern. "Häufig herrscht dort ein feucht-warmes Klima wodurch das Wachstum von Schimmelpilzen begünstigt wird", sagt Hans-Ulrich Humpf, Lebensmittelchemiker an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. "Hinzukommt, dass technische Verfahren zum Beispiel zur Trocknung von Getreide nicht so verbreitet sind wie hierzulande. Doch das ist wichtig, um den Befall von Getreide zu verhindern."

Kleinbauern, fügt Altus Viljoen von der University of Stellenbosch, Südafrika, hinzu, hätten häufig nur einfache Möglichkeiten zur Lagerung ihrer Getreidevorräte. "Die werden meist nur in Hütten zu einem Haufen aufgeschüttet; die Belüftung gerade der unten liegenden Körner ist dabei häufig nicht ausreichend. Bis diese untersten Schichten verbraucht werden, können sie von Schimmelpilzen befallen sein."

125 Menschen starben in Kenia

Die Teams um die beiden Wissenschaftler untersuchen deshalb die Schimmelpilzgifte (Mykotoxine). Das Ziel der deutsch-südafrikanischen Kooperation: die Belastung von Lebensmitteln mit diesen gefährlichen Substanzen zu senken.

Wie wichtig ihre Arbeit ist, belegen Fälle akuter Vergiftungen wie jene, zu denen es vor einigen Jahren in Kenia gekommen ist. 2004 starben nach dem Verzehr von Lebensmitteln, die aus verschimmeltem Mais hergestellt wurden, 125 Menschen an einer akuten Aflatoxinvergiftung. In Proben aus der verseuchten Nahrung lag der Gehalt an Aflatoxinen um den Faktor 1000 höher als die derzeit gültigen europäischen Grenzwerte.

In den vergangenen Jahren haben sich solche Fälle, wenn auch in kleinerem Ausmaß, wiederholt. Weniger auffällig, aber ebenfalls gefährlich, sind die Langzeitwirkungen, die eine häufige Aufnahme geringer Mengen von Schimmelpilzgiften haben kann: Aflatoxine können nicht nur maßgeblich zur Entstehung verschiedener Krebsarten beitragen, sondern auch den Verlauf anderer Erkrankungen wie zum Beispiel Hepatitis stark negativ beeinflussen.

"Wenngleich die Fälle in Kenia extrem sind, da dort feuchtere Bedingungen vorherrschen als beispielsweise in Südafrika, stehen wir vor einer globalen Herausforderung", sagt Viljoen. Und bedingt durch den Klimawandel würden die Temperaturen weltweit steigen. Das begünstige das Wachstum unterschiedlicher Pilzarten.

"Wir erkennen Tendenzen, dass sich Pilzstämme, die heute in Afrika vorkommen, nach Europa ausbreiten können", warnt Humpf. "Aus diesem Grund ist es unerlässlich, auf internationaler Ebene etwa mit Wissenschaftlern aus Südafrika zusammenzuarbeiten und Informationen zum Beispiel über Resistenzen auszutauschen. Wenn wir Handlungsempfehlungen übertragen können, profitieren wir alle davon."

Eine langfristig erfolgreiche Umsetzung des Projektes erfordert insbesondere eine gute Kommunikation mit den Kleinbauern und dörflichen Gemeinschaften. Und dabei ist es notwendig, Rücksicht auf kulturelle Gegebenheiten zu nehmen und Vorschläge verständlich zu vermitteln.

Entsprechende Erfahrungen hat Bradley Flat vom Agricultural Research Council am Grain Crops Institute im südafrikanischen Potchefstroom gemacht. "Das Know-how auf südafrikanischen Großfarmen ist sehr gut. Problematisch sind kleine Farmen, vor allem im Südosten des Landes. Wir versuchen mit einfach verständlichen Mitteln, zum Beispiel mit Piktogrammen, die lokale Bevölkerung in der Landwirtschaft aufzuklären und zu unterstützen."

Dabei, so erklärt Flat, gehe es um ganz praktische Fragen: Wie groß muss der Abstand zwischen den Pflanzen sein, um sicherzustellen, dass ausreichend Wind zwischen ihnen hindurchweht und für den nötigen Gasaustausch sorgt? "Wenn Pflanzen zu dicht nebeneinander stehen, stresst sie das - das ist wie beim Mensch. Und dann kann schneller zum Pilzbefall kommen", sagt Flat. Inzwischen wissen die Forscher: Eine Armlänge Abstand genügt.

Stroh auf den Feldern ist ein Nährboden für Keime

Auch ein Wechsel der Fruchtfolgen hätte Vorteile. "Das bedeutet, dass auf einer bestimmten Ackerfläche in aufeinanderfolgenden Jahren wechselnde Getreidesorten angebaut werden", erklärt Flat. Doch für die Bauern in Südafrika ist das ein Problem: Mais ist in Südafrika - wie in vielen afrikanischen Ländern - ein Grundnahrungsmittel. Und "in dem Stroh, das nach der Ernte auf der Ackerfläche zurückbleibt, sammeln sich Pilzsporen, die einen optimalen Nährboden für den Pilzbefall neuer Pflanzen bieten".

Gemeinsam versuchen die Forscher nun, die besondere Belastungssituation in Südafrika zu charakterisieren und die klimatischen Einflüsse auf den Pilzbefall und die Mykotoxinbildung besser zu verstehen.

Ihr Ziel sind konkrete Empfehlungen, wie sich der Schimmelpilzbefall von Getreide und besonders von Mais von vorn herein vermeiden lässt. Chancen sehen die Wissenschaftler etwa darin, die Saat- und Erntezeiten zu verändern. Aber auch die Entwicklung von Getreidesorten, die widerstandsfähiger und besser an die Standortbedingungen angepasst sind, könnten eine Möglichkeit sein, die Mykotoxinbelastung zu verringern. Letztlich, so hoffen sie, könnten ihre Erkenntnisse nicht nur den beiden Partnerländern Deutschland und Südafrika helfen, sondern die Lebens- und Futtermittelsicherheit auch in anderen Ländern verbessern.

Die Zusammenarbeit der Fachleute wurde durch das Deutsch-Südafrikanische Wissenschaftsjahr gefördert.

Dieser Artikel ist Teil einer Reihe von Texten, die die Zusammenarbeit von Forschern im Rahmen des Deutsch-Südafrikanischen Jahres der Wissenschaft 2012/2013 beschreiben.

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Deutsch-Südafrikanisches Wissenschaftsjahr

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