USA:Oberstes Gericht verbietet Patente auf menschliches Erbgut

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Das Pharmaunternehmen Myriad Genetics hat versucht, sich Patente auf zwei krebsauslösende Gene zu sichern - darunter auch jenes, das die Schauspielerin Angelina Jolie zu ihrer Brustamputation veranlasste. Dem hat der oberste US-Gerichtshof jetzt einen Riegel vorgeschoben.

Das Oberste Gericht der USA hat in einer Grundsatzentscheidung Patente auf menschliches Erbgut untersagt. Menschliche DNA sei ein "Produkt der Natur", das im Gegensatz zu künstlich nachgeahmtem Erbgut nicht patentiert werden könne, erklärte der Supreme Court. Die Richter entschieden dabei über eine Klage gegen das Pharmaunternehmen Myriad Genetics, das sich Patente auf zwei krebsauslösende Gene gesichert hatte und exklusiv mehrere tausend Dollar teure Tests für diese Mutationen anbot.

"Naturgesetze" und "Naturphänomene" könnten ebenso wenig Patentschutz erhalten wie "fundamentale Werkzeuge der wissenschaftlichen und technologischen Arbeit", entschieden die Richter. Ein Gen könne nicht einfach nur deswegen patentiert werden, "weil es isoliert wurde", hieß es. Künstlich nachgeahmtes Erbgut könne aber sehr wohl patentiert werden, "da es nicht von der Natur hergestellt wird".

In dem Verfahren ging es um das Pharmaunternehmen Myriad Genetics, das in den 90er-Jahren zwei krebsauslösende Gene isoliert und sich 1998 mehrere Patente auf dieses Erbgut gesichert hatte. Dies gab dem Unternehmen bislang die Möglichkeit, Tests für die Gene mit den Abkürzungen BRCA1 und BRCA2 exklusiv zu vermarkten.

Die beiden Gen werden bei betroffenen Frauen als Indikatoren dafür gewertet, ein erhöhtes Risiko in sich zu tragen, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken. Die Schauspielerin Angelina Jolie war vor einiger Zeit positiv auf die Genmutation BRCA1 getestet worden. Infolgedessen hatte sie sich ihre Brüste vorsorglich entfernen und in einem zweiten Schritt plastisch rekonstruieren lassen. Zudem hatte Jolie die hohen Kosten für die Tests von mehr als 3000 Dollar (etwa 2300 Euro) kritisiert, die für viele besorgte Frauen ein Hindernis bei ihrer medizinischen Untersuchung darstellten.

Myriad Genetics hatte in dem Verfahren argumentiert, es habe nur wegen der Aussicht auf gute Gewinne die hohen Kosten für die Decodierung der Gene und die Entwicklung der Tests tragen können. Ein Anwalt des Unternehmens bezeichnete Gene zudem als "menschliches Konstrukt".

Dagegen wandte sich ein Zusammenschluss von rund 150.000 Klägern, unter ihnen Wissenschaftler, Ärzte und Patientinnen. Sie warfen dem Unternehmen unter anderem vor, die mehrere tausend Dollar teuren Tests seien für viele Patienten unerschwinglich. Zudem blockiere die Patentierung der Gene deren Erforschung durch andere Unternehmen oder Institutionen. "Heute hat das Gericht eine bedeutende Hürde für die Patientenbetreuung und medizinische Innovationen beiseite geräumt", sagte eine Anwältin der Bürgerrechtsbewegung ACLU nach dem Urteil.

Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil es Auswirkungen auch auf zahlreiche andere Bereiche der Gentechnik und der Medizin haben dürfte. Patente wurden unter anderem auch im Zusammenhang mit anderen Krebskrankheiten sowie Alzheimer angemeldet. Insgesamt sind fast 20 Prozent der bekannten menschlichen Gene patentiert.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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