Unterwasserwald:Der Schatz im Stausee

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Ein Wald unter Wasser: Im kanadischen Lake Lois lagert Holz am Stauseegrund. Ein Tauchroboter fällt den verborgenen Rohstoff.

Bernadette Calonego, Vancouver

Der Lois-See in der kanadischen Provinz British Columbia birgt einen ungewöhnlichen Schatz. Und Chris Godsall, ein Unternehmer auf Vancouver Island, besitzt das Werkzeug dafür, ihn zu heben: einen ferngesteuerten Roboter, der unter Wasser Baum um Baum fällt und zur Oberfläche befördert. Viele solche Wälder schlummern in den Stauseen der Welt - die Kraftwerksbetreiber wollten vor dem Überfluten der Täler keine Zeit mit Baumfällen verschwenden.

Der Roboter kann seine Arbeit auch noch in 300 Metern Tiefe ausführen. Im Bild: Gefällte Baumstämme in British Columbia. (Foto: Foto: dpa)

Godsall hat den Tauchroboter namens Sawfish (Sägefisch) mit den Ingenieuren seiner Firma Triton Logging entwickelt. "Mit dieser Technik kann ein verlorener Rohstoff geborgen werden", sagt Firmensprecher und Miteigentümer Jim Hayhurst. Das drei Tonnen schwere und drei Meter lange U-Boot hat einen hydraulischen Greifarm und trennt die Bäume mit einer Kettensäge ab. Die Maschine wird von einer schwimmenden Plattform aus gesteuert. Dort sitzt ein Angestellter von Triton in einer Kabine vor Bildschirmen.

Acht Unterwasserkameras und ein Sonargerät zeigen dem Piloten, wo die Bäume stehen und wo sich der Roboter befindet, der die Dunkelheit mit seinen starken Scheinwerfern durchdringt. Der Roboter kann seine Arbeit auch noch in einer Tiefe von 300 Metern ausführen. Die 1,4 Meter lange Kettensäge durchschneidet das Holz erst, wenn der Greifarm des Roboters den Stamm fest umklammert und einen großen Ballon daran befestigt hat. Mit seiner Hilfe steigt der abgetrennte Baumstamm an die Wasseroberfläche, wo ihn ein Schlepper hebt.

Der Roboter, der von acht 75-PS-Elektromotoren angetrieben wird, kann im Durchschnitt täglich 100 Stämme ernten. Vier der Maschinen, die kanadischen Zeitungen zufolge pro Stück rund eine Million Dollar kosten, gibt es schon. Eine weitere wird gerade gebaut. In Malaysia holt der Sägefisch seit zwei Jahren wertvolle Tropenhölzer aus einem 1985 entstandenen Wasserreservoir.

Förderung lohnt sich

Auf der Welt gibt es Fachzeitschriften zufolge mehr als 45.000 Stauseen, von denen ein Großteil Wälder enthält. Triton Logging schätzt, dass es insgesamt rund 300 Millionen versunkene Bäume im Wert von rund 50 Milliarden US-Dollar gibt. Das von Triton geerntete Holz wird beispielsweise für Möbel, Böden und sogar für japanische Tempel verwendet. Hayhurst sagt, es sei von hoher Qualität. Im Wasser gebe es sehr wenig Sauerstoff für Bakterien, die das Holz angreifen könnten. Vor zwei Jahren erntete Triton Bäume eines 1931 überfluteten Waldes.

Dass Bäume im Wasser lange überdauern können, ohne dass das Holz Schaden nimmt, bestätigt auch Dirk Lukowsky vom Fraunhofer-Institut für Holzforschung in Braunschweig. Die typischen Holzzerstörer, so Lukowsky, seien Pilze, aber die könnten unter Wasser nicht leben: "Unter Wasser wird Holz nur von Bakterien angegriffen, aber das dauert Jahrzehnte bis Jahrhunderte."

Obwohl die Maschinen nicht gerade billig sind, lohnt sich die Förderung durch den Unterwasserroboter. Die Firma muss weder Geld für die Aufforstung noch für die Bekämpfung von Schädlingen oder Bränden einsetzen. Der Roboter wühlt außerdem den Seegrund nicht auf, lässt die Wurzel intakt und schafft mehr Lebensraum für Fische.

Bäume in Stauseen abzuholzen, erfüllt aber auch noch einen zweiten wichtigen Zweck: Es macht die Gewässer für Boote sicherer, die sich dann nicht mehr in den Baumwipfeln verfangen. Das wird auch im Lois-See in der Nähe des Städtchens Powell River an Kanadas Westküste eines Tages so sein. Aber, sagt Sprecher Hayhurst, "das wird noch Jahrzehnte dauern".

© SZ vom 28.04.2009/brei - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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