UN-Konferenz in Nairobi:Klimawandel, Klimahandel

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Bei den Diskussionen um die Rettung des Klimas ging es darum, ob und wie stark Industrieländer sich an daran beteiligen - schließlich verantworten sie den Großteil der Kohlendioxid-Emissionen. Auf der UN-Klimaschutzkonferenz 2006 könnte sich der Fokus allerdings etwas verschieben.

Michael Bauchmüller

Nairobi, das ist der rechte Ort für eine Klimakonferenz. Häufig zogen die Gipfel in den vergangenen Jahren durch die Industrieländer, man traf sich in Kyoto, in Bonn, in Mailand, zuletzt in Montreal.

Ein Land jenseits der Sahara aber war noch nie Gastgeber der Vertragsstaaten, die die Klima-Rahmenkonvention und/oder das Kyoto-Protokoll mittragen.

In diesem Jahr könnte sich damit auch der Fokus etwas verschieben:

Bislang ging es hauptsächlich darum, ob und wie stark Industrieländer sich an der gemeinsamen Rettungsaktion beteiligen - schließlich verantworten sie den Großteil der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen. Diesmal nun geht es auch um die Opfer.

Die Leidtragenden leben in den Entwicklungsländern

Denn die Leidtragenden des Klimawandels leben meist in Entwicklungsländern wie Kenia.

Schon längst regnet es hier nicht mehr wie in früheren Jahren, auf den Monsun ist kein Verlass mehr, und auf Dürren folgt Starkregen, den der Boden oft nicht aufnehmen kann.

Der Klimawandel bedroht allein in Afrika Millionen Menschen, die von der Landwirtschaft leben.

Anpassung an den Wandel wird deshalb eines der Hauptthemen der Klimakonferenz, die am Montag beginnt und knapp zwei Wochen lang 6000 Teilnehmer beschäftigen wird.

Einen Anpassungs-Fonds soll es bald geben, bestückt mit bis zu 400 Millionen Dollar. Entwicklungsländer, die höhere Dämme gegen Fluten bauen müssen, ihre Bauern unterstützen oder ihre Energieversorgung umstellen wollen, sollen daraus Mittel erhalten.

In Nairobi will man nun regeln, wer unter welchen Bedingungen wie viel aus dem Topf erhalten soll - ein schwieriges Unterfangen. "An dem Geld", sagt eine deutsche Klima-Unterhändlerin, "besteht natürlich großes Interesse."

Auch will der Gipfel eine Art Fünfjahresplan für die Anpassung verabschieden: Er soll klären, wie sich die Folgen des Klimawandels technisch bewältigen lassen - und ob es sich überhaupt noch lohnt, höhere Deiche zu bauen, wenn sie schon in 20 Jahren nicht mehr hoch genug sind.

Verhandlungen müssen bis 2010 abgeschlossen sein

Das große Thema aber ist die Zukunft des globalen Klimaschutzes. Die Verpflichtungen der Staatengemeinschaft laufen 2012 aus. Für die Zeit danach müssen Verhandlungen 2009, allerspätestens 2010 abgeschlossen sein.

Angesichts der Trägheit des Prozesses ist das ungefähr so, als hätte man nach einer Wohnungsbesichtigung 30 Sekunden zur Unterzeichnung eines Mietvertrags - oder die Wohnung definitiv verloren. "Zuerst müssen wir darüber reden, ob wir reden wollen", heißt es in Berliner Regierungskreisen. "Alle an Bord zu kriegen, ist ein etwas komplexeres Verfahren."

Wieder spielen Entwicklungsländer eine wichtige Rolle. Bei der Kyoto-Konferenz 1997 hatten sich 35 Industriestaaten und die EU Minderungszielen unterworfen. Die Europäer wollen auch nach 2012 weitermachen, aber nur, wenn die Last auf mehr Schultern verteilt wird.

Auf Länder wie Mexiko und Südkorea etwa, die in die Gruppe der Industrieländer aufgestiegen sind. Oder auf China und Indien, die kräftig vom Welthandel profitieren, sich aber bestenfalls mäßig daran beteiligen, die Erderwärmung zu bremsen.

Und schließlich könnten sich auch Entwicklungsländer zum Klimaschutz verpflichten. Das wiederum wird nur geschehen, wenn Länder wie Kenia sich bei der Bewältigung der Klimafolgen nicht allein gelassen fühlen. Die Nairobi-Konferenz könnte Lösungswege vorzeichnen, freilich nur bei viel gutem Willen.

Deutschland, in zwei Monaten Präsident des Industriestaaten-Clubs G8 und der EU, könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen. Als Mitglied der "EU-Troika" sitzen die Deutschen in allen wichtigen Verhandlungsrunden. "Unser Einfluss ist traditionell groß", heißt es in Berlin. "Aber diesmal noch größer als sonst."

© SZ vom 2.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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