Spektakel am Himmel:Staub aus dem Schweif des Löwen

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Alle 33 Jahre kommt der Komet Tempel-Tuttle der Sonne nahe, verliert dabei Material - und könnte so für ein Wochenende mit vielen Sternschnuppen sorgen.

Helmut Hornung

"Kometen", so sagte einmal Mark Bailey vom britischen Armagh Observatory, "sind wie Katzen. Sie haben einen Schweif und sind unberechenbar."

Die Weisheit könnte sich in der Nacht zum Montag bewahrheiten. Dann leuchtet zwar kein Schweifstern am Himmel, doch vielleicht hagelt es reichlich Sternschnuppen - und die ähneln Kometen sehr.

Die Experten jedenfalls diskutieren, ob die Leoniden noch einmal zu Hochform auflaufen wie in den Jahren 1998 bis 2002, als während des Maximums Mitte November stündlich einige 100 dieser kosmischen Funken über das Firmament flitzten. Oder ob das angekündigte Feuerwerk flachfällt.

Die Meteore der Leoniden stammen von dem Kometen Tempel-Tuttle. Die meiste Zeit seines Daseins verbringt der kilometergroße schmutzige Eisberg weit draußen im Planetensystem. Doch alle 33 Jahre schwingt er auf seiner elliptischen Bahn um die Sonne. Wegen der zunehmenden Hitze klaffen dann auf der gefrorenen Oberfläche Risse und Spalten, Gas- und Staubfontänen spritzen in den Weltraum.

So verliert der Komet nach und nach Material, das sich entlang seiner Route anreichert. Die meisten Splitter sind nur Bruchteile von Millimetern klein, einige wenige haben die Größe eines Fußballs.

Durchquert die Erde eine solche "Sandbahn", dringen die Körnchen mit Geschwindigkeiten von 250 000 Kilometern pro Stunde in die Atmosphäre ein. Wie Schneeflocken vor der Windschutzscheibe eines fahrenden Autos scheinen die Leuchtspuren alle von einem Punkt auszugehen; bei den Leoniden liegt dieser Radiant im Sternbild Löwe (lateinisch: Leo). Der Flug der Geschosse endet meist 80 Kilometer über dem Boden, wo sie von den irdischen Luftschichten zerrieben werden.

Astronomen raten, die ganze Samstagnacht auf Leoniden zu lauern

Bei seinem letzten Besuch in Sonnennähe hat Tempel-Tuttle 1998 seine Sandbahn aufgefrischt - was die Leonidenaktivität in den folgenden Jahren deutlich bereicherte. Danach flaute der Meteorschauer erwartungsgemäß ab. Warum soll er jetzt noch einmal auffrischen? Die Sandbahn des Kometen ist nicht nur unterschiedlich dicht, sondern in mehrere Filamente aufgefächert. So ging die Erde 1969 - drei Jahre nach einem großen Leonidenausbruch - durch ein schmales Band, das Tempel-Tuttle 1932 hinterlassen hatte. Prompt kam es zu einem beachtlichen Schnuppenregen.

Nach den Berechnungen von Robert McNaught von der Australian National University und David Asher vom Armagh Observatory soll die Erde jetzt genau dieses etwa 50.000 Kilometer schmale Filament erneut durchkreuzen, wenn auch nicht ganz so dichte Regionen.

Eine knappe Stunde wird die Passage am 19. November wohl dauern, während der bis zu 150 Leoniden vom Himmel fallen könnten. Das Maximum tritt gegen 5.45 Uhr MEZ ein. Astronomen raten dennoch, die ganze Samstagnacht auf Leoniden zu lauern. Sternschnuppen sind eben unberechenbar.

© SZ vom 18.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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