Rohstoffe:Verborgene Schätze

Lesezeit: 3 min

Kupfer, Gold, Erdöl, Kohle - Geologen spekulieren über Rohstoffe am Südpol. Doch sie bleiben wohl unerreichbar.

Von Angelika Jung-Hüttl

Große Mengen Erdöl sollen tief unter dem Eis der Antarktis schlummern, außerdem Kohle, wertvolle Erze, auch Edelmetalle wie Gold und Silber, und sogar Diamanten. Der Kontinent am Südpol gilt als Schatzkammer, als das letzte geologische Eldorado des Planeten.

Bislang sind die Geowissenschaftler allerdings nur im Gestein an den wenigen eisfreien Stellen der Antarktis wirklich fündig geworden. Sie sind auf ein paar Kohlenflöze und Felspartien mit Eisenerz gestoßen, außerdem auf kleine Spuren von Kupfer, Cobalt, Uran und Blei, auch von Gold, Silber und Platin. Außerdem fanden sie Elemente, die für die Stahlveredelung wichtig sind, wie Molybdän, Chrom, Nickel, Vanadium und Mangan.

"Das sind jedoch alles reine Zufallsfunde", betont Christoph Gaedicke von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Eine gezielte Suche nach Rohstoffen oder gar Bergbau auf dem Südpol-Kontinent verbietet das zusätzliche Madrider Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag, das 1998 ratifiziert wurde und für 50 Jahre gilt. "Doch auch nach 2048 läuft das Abkommen nicht einfach aus, sondern es kann dann neu diskutiert werden", sagt Stefan Hain, umweltpolitischer Sprecher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung AWI in Bremerhaven. Dies haben die Antarktis-Konsultativstaaten - also die Länder, die auf dem Südpolkontinent Forschungsstationen betreiben und daher ein Stimmrecht haben, jetzt erst vor Kurzem bei ihrer jährlichen Tagung in Santiago, der Hauptstadt von Chile, in einer Resolution bekräftigt.

SZ-Karte (Foto: df)

Sollte der Kontinent Sperrzone bleiben, geschützt durch drei Kilometer Eis

Außerdem, so Stefan Hain, "ist es technisch sehr aufwendig, die Tausende Meter dicken Gletschermassen zu durchbohren", um an das Gestein darunter heranzukommen. Denn unter dem hohen Druck ist Eis kein fester Körper, sondern es fließt, es reagiert plastisch wie ein Teig. "Ein Bohrloch würde sich schnell wieder schließen." Dazu kommen die extrem kalten Temperaturen, die vielen Stürme und die wochenlange Dunkelheit im Winter. Viele Forscher sehen deshalb in der Antarktis keine Schatzkammer für künftige Generationen, sondern eher eine Sperrzone, vor Ausbeutung auf natürliche Weise geschützt durch ihre Abgelegenheit und durch die lebensfeindlichen Umweltbedingungen, die dort herrschen. Es sei eher ein Ort, der für eine internationale friedliche Zusammenarbeit und Forschung bestimmt sei.

Trotzdem wird spekuliert. Dazu verleitet wohl der Klimawandel, der heute zumindest an einigen Stellen der Antarktis das Eis zurückschmelzen lässt. Welche Lagerstätten es theoretisch im Untergrund geben könnte, kann man nämlich anhand von sogenannten Analog-Studien abschätzen - "allerdings nur sehr grob", erklärt Christoph Gaedicke. Dabei vergleichen die Wissenschaftler die Funde aus der Antarktis mit den geologischen Verhältnissen in Südamerika, Südafrika, Indien und Australien, die reich an Lagerstätten sind. Denn diese Kontinente waren einst mit der Antarktis verschweißt, sie haben eine gemeinsame Entstehungsgeschichte und bildeten zusammen den Riesenkontinent Gondwana. Die Rohstoffgehalte der heute eisfreien Gondwana-Bruchteile werden einfach extrapoliert - also auf die Antarktis übertragen.

1 / 4
(Foto: f)
2 / 4
(Foto: f)
3 / 4
(Foto: f)
4 / 4
(Foto: f)

SZ-Grafik: Lisa Bucher

Gestein aus längst erloschenen Vulkanen liefert Hinweise auf Diamant-Vorkommen

So gerechnet könnten zum Beispiel 54 Milliarden Barrel Erdöl im Untergrund der Antarktis vorhanden sein - das entspricht in etwa einem Fünftel der Ölreserven Saudi-Arabiens. Weil es in den südamerikanischen Anden große Kohlelagerstätten gibt, sind theoretisch auch Kohlelagerstätten im Transantarktischen Gebirge zu erwarten. Ähnlich verhält es sich bei den Diamanten. Bislang wurde zwar noch kein einziger Rohdiamant in der Antarktis gefunden. Australische Forscher entdeckten jedoch in den eisfreien Gipfeln des Prince-Charles-Gebirges in der Ostantarktis sogenanntes Kimberlitgestein. Es ist sehr selten und kommt nur in den Schloten längst erloschener Vulkane vor, die tief ins Erdinnere, bis in den Erdmantel hinunter reichen. Auch in Südafrika gibt es dieses Kimberlitgestein - und genau darin liegen die berühmten großen Diamantminen.

Solche Hochrechnungen könnten Begehrlichkeiten wecken. Deshalb sorgen manche Forschungsaktivitäten in der Antarktis für Aufsehen - etwa die von China. Das bevölkerungsreiche und rohstoffarme Land betreibt seit 1994 einen eigenen Forschungs-Eisbrecher, die Xuelong - zu Deutsch Schneedrache. Es plant, neben seinen vier bestehenden Forschungsstationen am Südpol eine fünfte zu bauen. Außerdem hat die staatliche Meeresverwaltung des Landes erst im Februar öffentlich angekündigt, dass sie noch in diesem Jahre eine Fliegerstaffel in der Antarktis stationieren will, um - so heißt es auf dem chinesischen Nachrichtenportal China.org.cn - die wissenschaftlichen Expeditionen des Landes in der Polarregion zu unterstützen.

Stefan Hain vom AWI sieht darin nichts Besonderes. "China", so sagt er, "ist aufgrund seiner industriellen Weiterentwicklung in der jüngeren Vergangenheit in vielen Bereichen weltweit auf dem Vormarsch." Die neuseeländische Politologin Anne-Marie Brady, die seit 2008 Chinas Unternehmungen in den Polarregionen verfolgt, interpretiert dies dagegen als klares "Interesse Chinas an den mineralischen Rohstoffen der Antarktis".

© SZ vom 11.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: