Raumfahrt:Per Anhalter durch die Galaxis

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Werden die Spaceshuttles 2010 ausgemustert, sollen US-Astronauten in russischen Sojus-Kapseln zur ISS fliegen - trotz der Spannungen zwischen den Ländern.

Alexander Stirn

Amerikanische Astronauten müssen auch nach dem Ende der Shuttle-Ära nicht am Boden bleiben. US-Präsident George W. Bush hat Ende vergangener Woche ein Gesetz unterzeichnet, das den Raumfahrern erlaubt, weiterhin in russischen Sojus-Kapseln mitzufliegen. Betrieb und Nutzung der Internationalen Raumstation ISS sind damit - zumindest vorerst - gesichert.

Bereits zuvor wurden ISS-Astronauten mit "Sojus"-Raketen zur Raumstation transportiert. (Foto: Foto: Epa/dpa)

Noch vor wenigen Wochen war die Lage deutlich kritischer. Weil der letzte Spaceshuttle nach bisherigen Plänen 2010 landen soll, das Nachfolgesystem Orion aber frühestens 2015 flugbereit sein wird, kann die US-Raumfahrtbehörde Nasa fünf Jahre lang aus eigener Kraft keine Astronauten ins All befördern.

Sie ist auf Mitfluggelegenheiten angewiesen - und da kommen einzig die russischen Sojus-Kapseln in Betracht. Da Russland allerdings Waffentechnik an Staaten wie Iran weitergegeben haben soll, dürfen US-Behörden russische Raumfahrttechnologie eigentlich nicht nutzen.

Noch bis Ende 2011 hat die Nasa allerdings eine Ausnahmegenehmigung für Sojus-Kapseln. Dass der US-Kongress diese Regelung nochmals verlängern würde, schien zuletzt äußerst unwahrscheinlich.

Wachsende politische Spannungen zwischen den beiden Ländern, insbesondere nach Ausbruch des Konflikts in Georgien, ließen selbst lautstarke Befürworter eines Sojus-Abkommens wie den demokratischen Senator Bill Nelson aus Florida öffentlich zweifeln. "Die Chancen ein solches Gesetz durchzubekommen" , so Nelson Ende August, "sind gleich null."

Hinter den Kulissen wurde dennoch intensiv verhandelt. Sogar der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Barack Obama, machte sich in einem Brief an Senat und Repräsentantenhaus für eine neue Ausnahmegenehmigung stark.

Versteckt in einer umfassenden Gesetzesvorlage zur Finanzierung von US-Behörden, gewann die Sojus-Genehmigung vergangene Woche schließlich die Zustimmung des Kongresses. Die Nasa will die bereits laufenden Verhandlungen mit Russland nun schnell zum Abschluss bringen.

Eine sichere Bank ist das aber auch nicht. Sollten sich die politischen Spannungen zwischen den beiden Ländern wieder verschärfen, könnte Russland die Sojus-Flüge nach eigenem Gutdünken verzögern oder stornieren. " Wir brauchen die Russen, sie brauchen uns nicht" , sagt Nasa-Chef Michael Griffin.

Nicht unbedingt beruhigend sind auch die technischen Probleme, unter denen die Sojus-Raumschiffe zuletzt litten. Zweimal kehrten die Kapseln auf einer ballistischen statt auf einer kontrollierten Flugbahn zurück zur Erde - die Astronauten wurden gefährlich hohen Belastungen ausgesetzt.

Vermutlich war ein defekter Sprengbolzen, der Kapsel und Antriebseinheit vor dem Wiedereintritt in die Atmosphäre trennen sollte, für die Beinahe-Katastrophen verantwortlich.

Doch allein schon die Chance, auch nach 2011 in russische Kapseln steigen zu dürfen, ist für die Nasa ein großer Erfolg - vor allem für Administrator Griffin, der vehement vor den Folgen eines Sojus-Verbots gewarnt hatte.

Verlängerung der Shuttle-Flüge keine Option

"Die einzigen Alternativen wären, die Shuttles länger fliegen zu lassen oder die US-Präsenz auf der ISS zu beenden" , schrieb Griffin vor der Entscheidung an Nasa-Kollegen. Dabei machte er klar, dass eine Verlängerung der Shuttle-Flüge keine Option sei: Das Risiko eines Absturzes der alternden Orbiter wäre enorm hoch, gleichzeitig müsse - ohne zusätzliches Geld aus Washington - die Entwicklung des Mondprogramms weiter verschoben werden.

Seinen Job als Nasa-Chef dürfte Griffin der Sojus-Erfolg allerdings auch nicht retten. Sowohl Barack Obama als auch der republikanische Kandidat John McCain haben bereits durchblicken lassen, dass sie im Falle eines Wahlsiegs einen eigenen Mann an die Spitze der Nasa setzen wollen.

© SZ vom 07.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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