Raketentechnik:Die Senkrechtlander

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Private Raketenbauer arbeiten an Raumfahrtvehikeln, die vertikal starten und landen können. Sie sollen den Weg für wiederverwendbare Raketen ebnen - und die Kosten für den Flug ins All drastisch senken.

Von Alexander Stirn

Das Video sieht aus, als habe jemand mittendrin die Stopptaste gedrückt und die Sequenz rückwärts ablaufen lassen: Eine Rakete startet, kommt seitlich vom Kurs ab, hält eine Weile inne, fliegt zurück zum Startplatz und setzt dort sanft auf. Das Feuer aus dem Triebwerk erlischt, der Rauch verzieht sich. Ganz so, als sei nichts gewesen.

Doch das Video, das der amerikanische Raumfahrtkonzern Spacex kürzlich veröffentlicht hat, ist kein Trick und keine Spielerei mit der Rückspultaste. Es zeigt vielmehr einen Testflug des Grasshoppers, des jüngsten Projekts der privaten Raketenbauer: Mit dem gut 30 Meter langen Versuchsvehikel, das vertikal starten und landen kann, will Spacex den Weg für wiederverwendbare Raketen ebnen. "Wenn wir eine Möglichkeit finden, Raketen - genauso wie Flugzeuge - immer und immer wieder zu benutzen, wird das die Kosten für einen Flug ins All um den Faktor hundert reduzieren", schreibt Spacex-Chef Elon Musk auf der Firmenwebseite.

Noch ist das nicht der Fall. Raumfahrt ist ein teures, verschwenderisches Unterfangen: Ein Start der Falcon 9-Rakete, mit der Spacex bereits die Internationale Raumstation versorgt, kostet laut Preisliste 54 Millionen Dollar (gut 40 Millionen Euro). Davon entfallen lediglich 200.000 Dollar auf den Treibstoff. Den Rest verschlingt der Bau der Rakete - und die ist ein Wegwerfartikel.

Der Grasshopper, auf Deutsch Grashüpfer, könnte das ändern. Das Gefährt, im Prinzip eine erste Stufe der Falcon 9, soll beweisen, dass die einzelnen Komponenten einer Rakete nach getaner Arbeit unbeschädigt zu ihrem Startplatz zurückkehren können. Im Juni hatte Spacex den "Grashüpfer" dazu auf 325 Meter Höhe steigen und dann langsam zurück zur Erde sinken lassen. Dort angekommen, garantierten Stahlbeine mit hydraulischen Dämpfern einen sicheren Stand. Beim aktuellen Test, der wie die vorherigen Flüge in Texas über die Bühne ging, kam ein seitliches Abdriften von 100 Metern dazu. Trotzdem landete Grasshopper nach seinem 250 Meter hohen Hüpfer punktgenau am Ursprungsort.

Der Prototyp gilt als bislang schwerste senkrecht landende Rakete, ist aber bei Weitem nicht die erste und einzige: Bereits Anfang der 1990-er Jahre versuchte sich das amerikanische Verteidigungsministerium an einem ähnlichen Projekt. Bei zwölf Flügen erreichte der Delta Clipper eine Höhe von mehr als drei Kilometern, ging bei seiner letzten Landung aufgrund eines Risses im Sauerstofftank aber in Flammen auf. Das Projekt wurde eingestampft.

Aktuell versucht sich Amazon-Gründer Jeff Bezos ebenfalls an einem Senkrechtlander. Seine streng geheime Rakete Blue Origin ist zwar nur für suborbitale Flüge gedacht, bei der Raumschiffe auf einer Parabelbahn unterwegs sind und die Grenze zum Weltall lediglich streifen. Sie hat bei einem Testflug im August 2011 aber bereits eine Höhe von knapp 14 Kilometern erreicht. Dann allerdings ging etwas schief. Der Flug musste abgebrochen werden, die Rakete zerschellte.

Solche Höhen stehen dem Grasshopper noch bevor. Doch Spacex will die Anforderungen an seine Testrakete deutlich steigern und schon bald eine zweite, leistungsfähigere Generation vorstellen. Als nächstes steht aber erst einmal ein Flug auf 3500 Meter Höhe an. Dort angekommen soll die Rakete ihr Triebwerk ab- und kurz darauf wieder einschalten - um danach den Grasshopper erneut filmreif auf der Startrampe aufsetzen zu lassen.

© SZ vom 19.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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