Psychologie:Krumme Nummern

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Wer auf dem Basar im Urlaub oder in der Gehaltsverhandlung mit dem Chef ein gutes Ergebnis erzielen will, sollte mit einem krummen und ambitionierten Betrag in das Duell starten. Und einen Nachteil bedenken, den Psychologen beobachtet haben.

Von Sebastian Herrmann

War das jetzt unverschämt oder viel zu zurückhaltend? Wer in einer Verhandlung über einen Kaufpreis oder in einer Gehaltsforderung die erste Ansage macht, empfindet oft Unbehagen: Verprellt man den Gesprächspartner mit einer überzogenen Forderung oder agiert man so defensiv, dass man über den Tisch gezogen wird? Wissenschaftler haben zahlreiche empirisch abgesicherte Ratschläge veröffentlicht, wie sich gute Abschlüsse erzielen lassen. In aller Kürze: Immer das erste Angebot in den Raum stellen und stets einen krummen Betrag fordern (etwa 175,50 Euro statt 180). Und zudem - so ist nun hinzuzufügen - sollte man eine Schwäche bedenken, über die der Psychologe David Loschelder von der Leuphana Universität Lüneburg im Journal of Experimental Social Psychology berichtet: Wer krumme Beträge verlangt, neigt dazu, defensiv zu agieren.

Die erste Ansage in einer Verhandlung über einen Preis dient als sogenannter Anker. Sie wirkt als Referenzpunkt, an dem sich Gegenangebote unweigerlich orientieren. Daher lohnt es sich höchstwahrscheinlich mit einer sehr optimistischen Forderung ins Rennen zu gehen. Schließlich hadert auch die Gegenseite mit sich, wenn sie ein als unverschämt niedrig empfundenes Gegenangebot unterbreitet. Der Psychologe Loschelder hatte zuletzt gezeigt, dass krumme Beträge ebenfalls helfen, einen Handel zu eigenen Gunsten zu beeinflussen. Einen Preis zu nennen, der präzise wirkt, verleiht dem Handelnden eine Aura der Expertise. Für ein gebrauchtes Auto zum Beispiel 7850 Euro statt 8000 Euro zu verlangen, erzeugt die Illusion, dass da einer ganz genau weiß, was er hat und was er will. Das beeindruckt. Dieser Effekt wirkt auf Experten und Laien gleichermaßen und lässt sich sowohl im Labor als auch unter realen Bedingungen beobachten.

In drei Experimenten haben Psychologen um Loschelder nun festgestellt, dass der Präzisionseffekt den Anwender ebenfalls manipuliert - jedoch nicht im gewünschten Sinne. Ließen die Wissenschaftler Probanden mit krummen Beträgen in eine Verhandlung starten, eröffneten diese das Duell mit vergleichsweise zurückhaltenden. Gingen sie hingegen mit glatten Beträgen - etwa 30 000 Euro - in einen Handel, starteten sie mit ambitionieren Ansprüchen. Die am Ende erzielten Preise glichen sich zwar unter beiden Bedingungen. Doch, so argumentiert Loschelder, da sei noch Luft nach oben gewesen. Fazit: Mit einer krummen und zugleich unverschämten Forderung lässt sich das beste Ergebnis erzielen.

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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