Physik:Kaventsmann

Sie galten lange als Hirngespinste fantasievoller Seeleute. Doch nun haben Physiker mit Computersimulationen nachgewiesen: Es gibt Monsterwellen, die sich plötzlich im Ozean auftürmen.

Lange, sehr lange galten sie als Hirngespinste fantasiebegabter Seeleute. Wellen mit der Höhe eines mehrstöckigen Hauses, die sich urplötzlich über das übliche Rauschen des Ozeans erheben und, wenn man ihnen auf offener See begegnet, eine ernste Gefahr für Schiff, Leib und Leben darstellen. Erst in jüngerer Zeit haben Physiker in Wassertank-Experimenten und Computersimulationen nachgewiesen, dass es tatsächlich ein spontanes Zusammenwirken normaler Wellenfelder gibt, aus dem sich Wassermassen kurzzeitig zu dem aufbäumen, was Seeleute eine Monsterwelle oder auch Kaventsmann nennen.

In ihren neuen Untersuchungen fütterten Forscher der Universität Oxford gemeinsam mit Kollegen der University of Western Australia Computer mit einer Kombination sogenannter linearer und nichtlinearer Wellengleichungen. Wichtigstes Ergebnis ihrer Tüftelei war, dass Monsterwellen nicht nur grundsätzlich möglich sind, sondern anders als bisweilen vermutet, nicht erst am Ende einer Kette von Wellen zunehmender Höhe auflaufen. Steile und monströse Wellen können demnach urplötzlich auftreten, ohne dass sie sich auf irgendeine Weise ankündigen. Als Seefahrer erlebt man dann keinen anschwellenden Seegang, sondern eine weiße, plötzlich aus dem Nichts heranrollende Wand.

"Das passiert, weil große Wellen dazu neigen, sich an das vordere Ende einer Wellengruppe zu drängen", sagt Thomas Adcock von der Ingenieurs-Fakultät der Universität Oxford. Mit seinen Kollegen ließ er Hunderte Simulationen zufälliger Wellen durch den Computer laufen. "In einem schweren Sturm kann man nicht mit einer Warnung vor einer Monsterwelle rechnen", mahnt er.

© SZ vom 17.12.2015 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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