Physik:Ein Tropfen Licht

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Bonner Physiker haben getan, was lange für unmöglich gehalten wurde: Sie vereinigten Lichtteilchen zu einem Bose-Einstein-Kondensat. Möglicherweise lassen sich so neue Lichtquellen entwickeln.

Christopher Schrader

Wäre Martin Weitz ein Gelehrter im Märchen, er könnte Licht zu zauberhaften Stoffen weben und damit Prinzessinnen einkleiden. Im wirklichen Leben hat der Physikprofessor der Universität Bonn mit seinem Team es immerhin geschafft, dass Mitglieder seiner eigenen Zunft staunen: Er hat Lichtteilchen, sogenannte Photonen, zu einem Knäuel verdichtet und in einem sogenannten Bose-Einstein-Kondensat vereinigt.

Illustration des "Super-Photons":  Bonner Physiker haben Lichtteilchen, sogenannte Photonen, zu einem Knäuel verdichtet und in einem sogenannten Bose-Einstein-Kondensat vereinigt. (Foto: Jan Klärs, Universität Bonn)

Für diesen Zustand der Materie gab es 2001 einen Nobelpreis. Physiker hatten es geschafft, Gasatome so stark zu kühlen und so dicht zusammenzupferchen, dass sie ihre Individualität aufgeben und sich wie ein einziges großes Atom verhalten.

Im Prinzip, dachten sich die Physiker, müsste das auch mit Lichtteilchen möglich sein, denn sie teilen die für eine völlige Vereinigung entscheidende Eigenschaft der Atome: Photonen sind als sogenannte Bosonen gesellig genug, ihre Individualität aufzugeben. Photonen lassen sich jedoch nicht abkühlen. Dazu müsste man sie bremsen, und wer das versucht, vernichtet sie. Lichtteilchen können nur bei Lichtgeschwindigkeit bestehen.

Die Bonner Physiker brauchten also einen Trick. Sie haben sich eine winzige, verspiegelte Kammer gebaut, die sie mit einem Farbstoff füllten. Diesen beleuchteten sie mit einem Laser, so dass der Farbstoff Photonen von Gelb über Grün bis Blau ausstrahlte.

In der speziellen Geometrie der Kammer konnte sich ein einziger Farbton am besten ausbreiten, eine Art Sonnengelb. Alle Lichtteilchen mit höherer Energie (also grünem und blauem Licht) mussten nach Kollisionen mit den Spiegeln und dem Farbstoff auf die Randbereiche ausweichen.

Nach den Regeln der Quantenphysik ähnelt diese Auslese im Zentrum einem Abkühlen, auch wenn die ganze Apparatur bei Zimmertemperatur blieb. So sammelten sich die "gekühlten" Photonen in der Mitte der Apparatur.

Sie flogen relativ ungestört hin und her und als ihre Zahl etwa 63.000 erreichte, veränderte sich der Zustand: Die Lichtteilchen vollführten den erhofften Zusammenschluss ( Nature, Bd.468, S.545, 2010). Auf einem Foto der Kammer bildete sich ein intensiver gelber Punkt in einer grünen Wolke. Dort hatten die Photonen ihre Individualität aufgegeben. Das konzentrierte gelbe Licht war zudem rein und kohärent wie das eines Lasers.

Die Physiker um Martin Weitz hoffen daher, dass sich nach dem Prinzip ihres Experiments Lichtquellen für kurzwellige Strahlen konstruieren lassen, was Laser bisher nur mit viel Aufwand schaffen.

© SZ vom 25.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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