Ozeane:Stacheliger Sonderling

Foto: Alamy/mauritius images (Foto: N/A)

Die Versauerung der Meere könnte die Evolution von Seeigeln verändern: Vielleicht spielt künftig Spermienqualität eine geringere Rolle für den Fortpflanzungserfolg.

Von Marlene Weiß

Wenn man Forschung als einen langen Kampf zwischen Wissenschaftlern und ihrem Forschungsobjekt begreift, muss man wohl annehmen, dass der Steinseeigel Paracentrotus lividus diesen Kampf gewonnen hat. Er sei "für Biologen eine sehr ärgerliche Art", schreiben Charles Boudouresque und Marc Verlaque im Sammelwerk "Seeigel: Biologie und Ökologie". Wann immer man meine, einen Mechanismus im Leben des Steinseeigels verstanden zu haben, wenn Ursache und Wirkung in einer logischen Reihenfolge aufzutreten schienen, entwische das Tier wieder: "Die Art scheint es darauf anzulegen, unsere schönsten Theorien zu widerlegen." Der Seeigel, dem diese bitteren Vorwürfe gemacht werden, hat es indes selbst nicht leicht. Er muss mit steigenden Temperaturen und mit immer saurerem Wasser zurechtkommen. Das könnte bei der Fortpflanzung Probleme machen, denn wie bei vielen Wassertieren werden die Eier der Weibchen im Wasser befruchtet. Oft treten dabei Spermien mehrerer Männchen gegeneinander an. Bislang haben dabei klar die besten Schwimmer unter den Spermien die größten Chancen. In saurerem Wasser schrumpfte dieser Vorteil, sodass auch Männchen mit weniger mobilen Spermien Erfolg hatten, wie Forscher um Anna Campbell von der University of Exeter in Scientific Reports berichten. Die Selektion könnte sich also verändern, mit unklaren Folgen. Aber Hoffnung bleibt: "P. lividus ist ein unglaublich anpassungsfähiger Generalist", schreiben Boudouresque und Verlaque. "Er kann fast alles und jedes tun."

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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