Kommentar:So ferne Welten

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Die Bilder fremder Planeten mögen einen anderen Eindruck erwecken: Aber die Besiedlung des Weltalls bleibt ein Traum.

Von Patrick Illinger

Zwei Nachrichten weckten in dieser Woche extraterrestrische Träume. Träume von fernen Welten, von einer Zukunft der Menschheit in den weiten des Alls. Zum einen haben nun beide Voyager-Sonden, die seit 1977 unterwegs sind, offiziell die Gefilde unseres Planetensystems verlassen und rasen mit 60 000 km/h ins Dunkel des Kosmos. An Bord sind menschengemachte Botschaften, die womöglich eines fernen Tages einer außerirdischen Zivilisation in die Hände fallen (sofern die Hände haben). Zweitens hat ein riesiges Netzwerk aus Radioteleskopen in den chilenischen Anden fast zwei Dutzend junge Sterne abgelichtet, die zurzeit aus interstellarem Staub Planeten formen. Die kosmischen Kreißsäle auf den Bildern des Alma-Observatoriums sind gar nicht so weit von uns entfernt, nur gut 400 Lichtjahre. Das ist in astronomischen Maßstäben die unmittelbare Nachbarschaft unseres Sonnensystems. Plötzlich wirkt das All greifbar, vielleicht sogar erreichbar.

Doch leider ist das ein trügerischer Eindruck. Bis die tapferen Voyager-Sonden in die von Alma abgelichteten, vergleichsweise nahen Bereiche der Milchstraße vordringen, werden mehr als sieben Millionen Jahre vergehen. Ähnlich lange bräuchte ein Raumschiff mit Menschen an Bord. Sieben Millionen Jahre, so lange ist es her, seit sich die Hominini von den Schimpansen trennten, um später den Homo sapiens hervorzubringen. Sieben Millionen Jahre in einem Raumschiff? Keine biologische Spezies käme als das an, als was sie losgeflogen wäre.

Von einer Besiedelung des Alls zu träumen ist derzeit so utopisch wie beim Baden an Portugals Stränden eine Atlantiküberquerung in Betracht zu ziehen. Moderne Teleskope wie Alma können ferne Welten zwar ablichten, bis hin zu den Rillen, die Planeten im kosmischen Staub eines jungen Sternensystems hinterlassen (Bild). Aber diese Welten sind für uns Menschen physisch unerreichbar.

Solche Überlegungen machen wieder deutlich, wie sinnlos es ist, zum jetzigen Zeitpunkt der Menschheitsentwicklung die Besiedelung außerirdischer Lebensräume zu propagieren oder voranzutreiben. In dieser Hinsicht sind die Himmelskörper unseres Sonnensystems, insbesondere der Mars, auch kein zielführendes Übungsgelände. Unser Nachbarplanet hat eine Atmosphäre, in der weniger als ein Prozent des irdischen Luftdrucks herrschen, bei einem Sauerstoffanteil von nur 0,15 Prozent (96 Prozent sind Kohlendioxid). Nichts gibt es dort zu finden, das Roboter nicht aufspüren könnten.

Lebensfreundlichere Planeten sind vermutlich Millionen Jahre entfernt. Der Anblick ferner Welten sollte stattdessen den Respekt vor unserem eigenen Planeten lehren. Die Erde ist ein kleines Rettungsboot inmitten eines riesigen, kalten Weltalls.

© SZ vom 15.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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