Klimawandel:Zweiter Freispruch für Klimaforscher

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Britische Forscher der Universität von East Anglia sind erneut vom Vorwuf entlastet worden, sie hätten Klimadaten manipuliert.

Christopher Schrader

Eine Gruppe britischer Klimaforscher ist von Vorwürfen entlastet worden, Daten manipuliert und in wissenschaftlichen Aufsätzen vorgefasste Meinungen veröffentlicht zu haben.

"Wir haben keine Beweise für vorsätzliches wissenschaftliches Fehlverhalten gefunden", urteilte am Mittwoch eine Untersuchungskommission über das Forscherteam um Phil Jones von der Climatic Research Unit (CRU) der britischen Universität von East Anglia.

Es steht unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit und ist heftigen Angriffen ausgesetzt, seit im November 2009 etwa tausend E-Mails der Gruppe illegal veröffentlicht wurden. Kritiker werteten Passagen darin als Beweis für Datenmanipulationen.

Die daraufhin von der Hochschule zusammen mit der Royal Society eingesetzte Kommission unter Lord Ronald Oxburgh, dem früheren Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses im britischen Oberhaus, widerspricht diesen Vorwürfen.

"Was auch immer in den E-Mails stand", so Oxburgh, "die Wissenschaft dahinter ist offenbar ordentlich und genau gemacht worden." Erst vor zwei Wochen war ein Ausschuss des Unterhauses zu einem ähnlichen Fazit gekommen.

Die CRU liefert der Klimaforschung seit Jahrzehnten wichtige Daten: Sie errechnet einerseits aus aktuellen Messungen die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur und rekonstruiert andererseits aus Baumringen die Temperatur früherer Jahrhunderte.

Damit habe sie der Öffentlichkeit "einen großen Dienst" erwiesen, schreibt die Oxburgh-Kommission, die das Jones-Team mit erkennbarer Sympathie beurteilt. Es habe komplexe Daten mit einer "unabhängigen geistigen Haltung" sowie "objektiv und leidenschaftslos" ausgewertet. Den Ton vieler Kritiker hingegen "verurteilt" das siebenköpfige Komitee.

Es übt aber auch milde Kritik: Die Forscher um Jones seien "engagiert, aber etwas desorganisiert". Sie hätten viele ihrer Entscheidungen im Umgang mit den Daten nicht richtig dokumentiert. David Hand, als Präsident der Königlichen Statistischen Gesellschaft Mitglied im Oxburgh-Komitee, nannte die Klimaforscher zudem "etwas naiv", weil sie nicht mit professionellen Statistikern zusammengearbeitet haben.

So hätten sie zwar keine falschen, aber auch nicht die jeweils besten Methoden für die Auswertung ihrer Daten benutzt. Es sei jedoch nicht erkennbar, dass die Ergebnisse dadurch verfälscht worden seien.

Eines der am besten untersuchten Forscherteams

Die Universität von East Anglia nahm diese Kritik an und begrüßte das Urteil, ihre Forscher hätten keine Daten manipuliert. Die Gruppe um Jones sei nun eines der am besten untersuchten Forscherteams, weil nach der ursprünglichen Begutachtung der Aufsätze inzwischen zwei Kommissionen die Arbeit der Klimawissenschaftler um Jones durchleuchtet haben. Im Mai soll ein dritter Bericht vorgelegt werden, der sich auch mit dem Umgang der Gruppe mit ihren Kritikern befasst.

Es wird erwartet, dass dieser Report weniger positiv ausfällt. Schließlich hatte der britische Information Commissioner schon geurteilt, die Forscher hätten die Gesetze über die Informationsfreiheit verletzt, indem sie missliebige Anfragen nach Rohdaten abwimmelten.

Kritiker der CRU werden sich von dem Freispruch durch das Oxburgh-Komitee allerdings kaum beeindrucken lassen. Sie bemängeln, die Prüfer hätten zu schnell und oberflächlich gearbeitet und keine Zeugenaussagen von anderen Wissenschaftlern eingeholt.

Zudem unterstellen sie Oxburgh einen Interessenkonflikt, weil er unter anderem eine Windenergiefirma leitet. Der Lord hat die Vorwürfe jedoch zurückgewiesen; sein Komitee habe die Vorwürfe gegen die CRU-Forscher ohne vorgefasste Ansichten geprüft. Seine Schlussfolgerung habe es einstimmig verabschiedet.

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