Klima und Unternehmen:Grüne Konzerne

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Amerikas Unternehmen haben eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernommen - und handeln dabei im Eigeninteresse.

Nikolaus Piper

Amerikas Unternehmen gehen davon aus, dass der Ausstoß an Treibhausgasen irgendwann sowieso begrenzt wird. Die Firmen wollen aber mitbestimmen, auf welche Weise das geschieht. Die Bündnisse zwischen Wirtschaft und Umweltschützern sind jedoch brüchig.

Vancouver gilt als sehr verregnete Stadt. Die Niederschläge waschen den Staub aus der Luft. Trotzdem wird der Grenzwert für Luftverschmutzung immer öfter überschritten. (Foto: Foto: Reuters)

Grün ist modern in Amerikas Chefetagen. Während die Regierung von Präsident George W. Bush in Washington bis vor kurzem noch bezweifelte, dass der Mensch überhaupt etwas mit der Erderwärmung zu tun haben könnte, haben mehrere US-Konzerne eine Vorreiterrolle in der Klimapolitik übernommen. Sie arbeiten eng mit Umweltverbänden zusammen und drängen die Politiker zum Handeln.

Am besten zeigt dies das Beispiel General Electric (GE), das sechstgrößte Unternehmen der Vereinigten Staaten. Der Mischkonzern mit jährlich 163 Milliarden Dollar Umsatz stellt Kraftwerks-Turbinen, Ausrüstungen für die Öl- und Gasindustrie und andere ökologisch sensible Produkte her.

Deshalb hatte der Konzern oft Ärger mit Umweltschützern. In den siebziger Jahren verklappte ein GE-Betrieb mit Genehmigung der Behörden giftige Chlorverbindungen im Hudson River oberhalb New Yorks und löste so massive Proteste von Bürgerinitiativen aus. Diese hatten eine Langzeitwirkung: Als der jetzige GE-Chef Jeffrey Immelt 2001 sein Amt antrat, vereinbarte er mit der Umweltbehörde EPA einen Plan zur Regenerierung des Flusses.

Der nächste Weckruf für das Management in Sachen Umwelt kam bei der Hauptversammlung 2002. Eine Gruppe religiös motivierter Aktionäre forderte von GE, seinen gesamten Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) zu erfassen, um ihn dann verringern zu können. Der Vorstoß wurde zwar abgeschmettert, aber eine überraschend große Minderheit von 20 Prozent des vertretenen Kapitals stimmte zu.

Ein Jahr später kündigte Immelt von sich aus an, CO2 zu erfassen. 2004 wurden erstmals Zahlen veröffentlicht: Weltweit emittierte GE 11,26 Millionen Tonnen CO 2 . Die Rechnung war zwar von einigen methodischen Zweifeln begleitet, doch GE hielt bei dem Thema nun die Oberhand.

Klimapolitik wird von Eigeninteresse getrieben

Genau hier liegt ein Motiv von Immelt und anderen Chefs: Handelnder und nicht Getriebener zu sein. Die Klimapolitik der Unternehmen dürfte weniger von hehren Idealen als vielmehr von aufgeklärtem Eigeninteresse getrieben sein.

Den Managern ist klar, dass eine Begrenzung des Ausstoßes von Klimagiften auf jeden Fall kommen wird, über eine Ökosteuer, über Emissionshandel oder über beides. Deshalb wollen sie von Anfang an mitbestimmen, wohin die Richtung geht. "Wir sind als Unternehmen viel besser dran, wenn wir in der Klimapolitik führen, als wenn wir so tun, als existiere das Problem nicht", sagt Immelt.

Zur Diskussion steht dabei auch die Zukunft der Kohle. Kohlekraftwerke produzieren ungefähr 30 Prozent aller Kohlendioxid-Emissionen in den Vereinigten Staaten, 100 neue Kraftwerke sind derzeit in Planung, und gegen jedes formiert sich Widerstand von Umweltgruppen und oppositionellen Aktionären. Als im Frühjahr die Finanzinvestoren KKR und TPG ein Kaufangebot für den texanischen Energieversorger TXU abgaben, vereinbarten sie mit Umweltgruppen den Verzicht auf acht geplante Kohlekraftwerke. Jetzt ist das 32-Milliarden-Dollar-Geschäft abgeschlossen.

Für die Kohleindustrie bedeutet das: Sie muss neue Technologien entwickeln, um bestehen zu können. Einige Techniken gibt es bereits, zum Beispiel Kraftwerke, deren Abgase gebunden und in der Erde gelagert werden. Aber das sind bisher nur Pilotprojekte. Der Handel mit Emissionsrechten könnte die neue Technik schneller rentabel machen, herkömmliche Kraftwerke müssten dagegen besonders viel Geld für Rechte ausgeben.

Unternehmen, die nichts gegen ihre CO2-Emissionen tun, müssen unter Umständen sogar mit Strafen rechnen. Der Generalstaatsanwalt von New York, Andrew Cuomo, hat Ermittlungen gegen fünf große Energieversorger aufgenommen.

Angst vor neuen Gesetzen

Der Verdacht: Die von ihnen geplanten Kohlekraftwerke bergen finanzielle Risiken, die das Management den Aktionären verschwiegen hat. In den USA dürften, so die Begründung, über kurz oder lang Gesetze zur Begrenzung von CO2 beschlossen werden; und die werden für die Kraftwerksbetreiber erhebliche Kosten mit sich bringen, über die die Aktionäre informiert werden müssen.

Außerdem lässt sich mit dem Klima-Thema auch Reklame machen. GE hat unter dem Titel "Ecomagination" ein Marketing-Programm gestartet, das den Konzern im Bewusstsein der Öffentlichkeit als Ökoladen verankern soll. GE behauptet, im vergangenen Jahr für 14 Milliarden Dollar "umweltfreundliche Produkte", zum Beispiel Windräder, verkauft zu haben. Jedes Jahr soll die Summe um zehn Prozent steigen.

Mit anderen Konzernen und Umweltgruppen hat sich General Electric zu einer Gruppe namens "United States Climate Action Partnership" zusammengeschlossen. Die Gruppe forderte die Regierung in Washington auf, ein System von Emissionsrechten nach europäischem Vorbild einzuführen.

Binnen 15 Jahren solle der Ausstoß an Kohlendioxid in Amerika um zehn bis dreißig Prozent sinken. Partner sind unter anderem der Aluminiumhersteller Alcoa, der Ölkonzern BP, der Maschinenbauer Caterpillar, der Chemiegigant Dupont, die Investmentbank Lehman Brothers und die Energieversorger von Kalifornien und New Mexico. Die Koalition ist das Ergebnis jahrelanger Vorarbeit von Umweltverbänden und Experten in den Unternehmen.

Ökotrend an der Wall Street

Der Ökotrend hat auch die Wall Street erreicht. Die Investmentbank Lehman Brothers richtete einen "Globalen Rat für Klimawandel" ein. Vorsitzender ist Theodore Roosevelt, ein Top-Manager der Bank und Urenkel des Präsidenten gleichen Namens. Er berät Kunden beim Thema Klimawandel - klassisches Investmentbanking, eben nur auf ungewohntem Gebiet.

"Wir glauben, dass der Klimawandel eine der wichtigsten Kräfte ist, die das Geschäft unserer Kunden in den nächsten Jahren beeinflussen werden," sagt Roosevelt. "Die Auswirkungen könnten sogar noch größer sein als die der Globalisierung." In der vorigen Woche warnte Lehman in einer Studie allerdings auch vor einer zu dirigistischen Klimapolitik, die den Preismechanismus verzerrt. Dem Bündnis von Umweltschützern und Big Business dürften noch einige Stresstests bevorstehen.

© SZ vom 27.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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