Ein präventiv eingenommenes Medikament schützt offenbar in gewissem Maße vor Aids. Wie Forscher um Robert Grant von der Universität von Kalifornien in San Francisco in dieser Woche im New England Journal of Medicine berichten, hatten Probanden, die über einen Zeitraum von 14 Monaten ein Aids-Medikament einnahmen, ein erheblich niedrigeres Risiko, sich mit HIV zu infizieren.
An der Studie nahmen 2499 gesunde Männer aus Südamerika, Südafrika, Thailand und den USA teil, die regelmäßig Geschlechtsverkehr mit anderen Männern hatten. Eine Hälfte erhielt ein Placebo, die andere das Zweifach-Kombinationspräparat Truvada. Über den Studienzeitraum steckten sich 36 Männer aus der Truvada-Gruppe mit HIV an, 43,8 Prozent weniger als in der Vergleichsgruppe. Unter denjenigen, die das Aids-Medikament an mindestens 90 Prozent der Tage genommen hatten, sank das Infektionsrisiko um 72,8 Prozent.
Dass Aids-Medikamente das Infektionsrisiko vermindern können, ist schon länger bekannt. So werden etwa Ärzte oder Pfleger, die mit dem Virus in Kontakt gekommen sind, mit hoch dosierten Aids-Medikamenten behandelt. Diese vierwöchige Post-Expositions-Prophylaxe ist jedoch meist mit schweren Nebenwirkungen verbunden, während die Probanden in der aktuellen Studie kaum über Beschwerden klagten.
Die Studie ist einer von vielen Versuchen, die Aids-Epidemie mit medizinischer Prävention zu stoppen. So testen mehrere Gruppen antivirale Vaginal-Gele, und im vergangenen Jahr zeigte erstmals ein Impfstoff partiellen Schutz vor Aids. Doch wie sinnvoll die teils sehr teuren Präventionsstudien sind, ist umstritten. "Ich finde das ethisch fragwürdig", sagt der Aids-Forscher Stefan Esser vom Universitätsklinikum Essen.
Statt Gesunden Medikamente zu geben, sei es sinnvoller, mehr Infizierte zu behandeln. Damit rette man nicht nur deren Leben, sondern schütze auch ihre Sexualpartner: Etwa sinke das Risiko, dass ein Infizierter seinen Partner ansteckt, um 90 Prozent, wenn nur der HIV-Positive Medikamente nehme.