Interview:"Wasser muss öffentlich bleiben"

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Auch in Deutschland neigen Politiker dazu, die Wasserversorung der Privatwirtschaft zu überlassen. Den "falschen Weg" nennt dies Annette von Schönfeld im sueddeutsche.de-Gespräch und warnt vor einer Kommerzialisierung des Wassers.

Thorsten Denkler

Annette von Schönfeld leitet die Kampagne "Wasser ist ein Menschenrecht" von Brot für die Welt. Zur Zeit vertritt sie die Hilfsorganisation auf dem Weltwasserforum in Mexiko.

Jeder Mensch braucht es, täglich: Wasser. (Foto: Foto: ddp)

sueddeutsche.de: Frau von Schönfeld, der UN-Umweltinspektor Klaus Töpfer hat vor Kriegen um das Wasser gewarnt. Wie groß ist die Gefahr?

Annette von Schönfeld: Es existiert eine weltweite Wasser-Krise und es gibt Konflikte um das Wasser, die sich verschärfen werden. Über 1,2 Milliarden Menschen haben heute keinen Zugang zu Frischwasser. In 20 Jahren könnte es schon ein Drittel der Menschheit sein. In vielen Regionen gibt es eine echte Wasserknappheit.

Die Klimaveränderung sorgt dafür, dass weite Landstriche immer trockener werden. Immer mehr Menschen auf der Welt verbrauchen immer mehr Wasser. Wasservorräte gehen zu Ende. Hinzu kommt die starke Verschmutzung von Wasser durch industrielle und landwirtschaftliche Nutzung.

sueddeutsche.de: Das klingt fast aussichtslos. Wie ließe sich ein Krieg um Wasser verhindern?

Schönfeld: Nur wenn die Priorität aller Länder darauf liegt, dass alle Menschen Zugang zu frischem Wasser haben. Dazu muss es eine Abkehr von dem Glauben an Großprojekte wie Stauseen geben.

Wir müssen dazu kommen, gezielt viele kleine Projekte zu fördern, mit denen etwa den Menschen in den Dörfern ermöglicht wird, eine eigene Wasserversorgung aufzubauen. So kann die Zugangssituation zu Wasser für viel mehr Menschen verbessert und das Konfliktpotential minimiert werden.

sueddeutsche.de: Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sagt gerne, die Welt gehe in Punkto Wasserversorgung mit großen Schritten auf die Erfüllung des Milleniums-Ziels zu, bis 2015 die Zahl der Menschen, die nicht über Frischwasser verfügen, um die Hälfte zu reduzieren. Wie sehen Sie das?

Schönfeld: Es gibt durchaus Verbesserungen. Aber große Schritte sehe ich nicht. Das spiegelt sich auch in den Debatten wieder, die hier in Mexiko im Weltwasserforum geführt werden. Da herrscht immer noch die Idee vor, Wasser zu kommerzialisieren und so die Privatwirtschaft an der Lösung der Wasserkrise zu beteiligen.

Wir halten das für den falschen Weg. Wenn die Privatwirtschaft beteiligt ist, will sie auch Gewinne machen. Dafür aber ist Wasser ein zu kostbares Gut. Es muss öffentlich bleiben.

sueddeutsche.de: Ist das nur ein Problem der so genannten Dritten Welt?

Schönfeld: Nein. Das ist auch ein europäisches und zunehmend ein deutsches Problem. Viele Gemeindekassen sind leer. Die Kämmerer versuchen möglicht viel zu privatisieren, auch die Wasserversorgung und übertragen die Managementverantwortung privaten Dritten.

Damit geben sie aber leichtfertig die Entscheidung ab, welche Wasserpolitik in Zukunft gemacht wird. In der Regel sind die Wasserpreise übrigens in die Höhe gegangen, sobald Private mit im Spiel waren.

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