Internationale Raumstation:Ein Fußballfeld im Orbit

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Die ISS ist frühestens 2010 fertig - wie lange die riesige Raumstation dann in Betrieb sein wird, ist noch unklar.

Alexander Stirn

Sie gilt als das größte internationale Forschungs- und Technologieprojekt, das ausschließlich zivilen Zwecken dient. Entsprechend holprig verläuft die Geschichte der Internationalen Raumstation ISS auch. 14 Nationen, neben den USA und Russland auch Japan, Kanada und zehn europäische Länder, haben sich in dem Mammutprojekt zusammengeschlossen, dessen erstes Modul bereits 1998 in die Umlaufbahn geschossen wurde.

Die ISS - noch ohne Columbus. (Foto: Foto: Nasa)

Das letzte Bauteil soll frühestens 2010 montiert werden. Dann wird die Station eine Masse von 450 Tonnen haben und so groß wie ein Fußballfeld sein.

Die ausgesprochen lange Bauzeit hat einen einfachen Grund: Beim Transport der einzelnen Module in knapp 400 Kilometer Höhe haben die Partner hauptsächlich auf den - nicht immer zuverlässigen - Space Shuttle der Amerikaner gesetzt:

Von den 39 geplanten Montageflügen sollten 34 vom Shuttle durchgeführt werden, der Rest von russischen Sojus-Raketen. Nach dem Absturz der Columbia vor knapp fünf Jahren stehen noch immer zwölf Shuttle-Flüge aus. "Im Nachhinein war es vielleicht ein Fehler, zu sehr auf dieses Superpferd zu setzen", sagt Martin Zell von der Europäischen Raumfahrtorganisation Esa.

Auch in Zukunft könnte die Abhängigkeit von den US-Raumfähren noch Probleme machen. Zwar wollen die Europäer mit dem Automated Transfer Vehicle (ATV) in zwei Monaten erstmals einen eigenen Frachttransporter zur ISS starten, Astronauten können damit aber nicht befördert werden. Die müssen weiterhin in russische Kapseln steigen - oder eben in den Shuttle. Der allerdings soll 2010 zum letzten Mal fliegen.

Sein Nachfolger, Orion genannt, wird erst 2014 Astronauten ins All transportieren können. Für die Zeit dazwischen versucht die US-Raumfahrtbehörde Nasa, private Unternehmen zum Bau einer Raumfähre anzuspornen. Die Entwicklung schreitet allerdings nicht unbedingt planmäßig voran: Einem der Unternehmen wurde gerade der Auftrag entzogen, weil es nicht genügend Investoren für die Idee begeistern konnte.

Auch Europa und Russland arbeiten an ersten Studien eines gemeinsamen Mannschaftstransporters zur ISS. Eine Entscheidung darüber dürfte aber frühestens beim nächsten Esa-Ministerratstreffen Ende 2008 fallen.

Wie lange die geschätzt 100 Milliarden Euro teure Raumstation noch um die Erde kreisen wird, kann niemand genau sagen. Das offizielle europäische Programm läuft nur bis 2013, intern wird jedoch 2015 als Minimalziel angesehen. Russland und Japan würden den Komplex gerne bis 2020 im Orbit halten.

Die Amerikaner gelten als die derzeit unsichersten Kantonisten: Bis 2015, so die letzten Äußerungen aus Washington, wolle man an der Station festhalten. Allerdings lässt die Nasa auch keinen Zweifel daran, dass ihre nächsten Ziele weit außerhalb des Erdorbits liegen. Zunächst soll der Mond erneut erobert werden, anschließend der Mars. Andere Anstrengungen wurden zugunsten dieser Ziele bereits deutlich zurück geschraubt, die meisten Ressourcen fließen in den Bau des Orion-Raumschiffes.

Martin Zell glaubt dennoch nicht, dass die Amerikaner die Raumstation frühzeitig aufgeben werden. "Die Nasa braucht die ISS, um ihre langfristigen Unternehmungen vorzubereiten", sagt der Esa-Manager. Wenn Orion wie geplant 2011 erstmals unbemannt und drei Jahre später mit Astronauten an Bord starten wird, ist die ISS zwangsläufig das erste Ziel. Auch Erfahrungen, wie die Schwerelosigkeit während langer Flüge auf den menschlichen Körper wirkt, lassen sich derzeit nur an Bord der ISS sammeln.

Hundertprozentig fit ist die Station im Moment allerdings nicht. Die vier Gyroskope, große Kreiselsysteme, die die Station neu ausrichten ohne dabei kostbaren Treibstoff zu verbrauchen, machen immer wieder Probleme. Ein defektes Gyroskop soll während der kommenden Atlantis-Mission zurück zur Erde gebracht werden.

Zudem lässt sich eines der drei großen Sonnensegel derzeit nicht auf die Sonne ausrichten, wodurch weniger Energie erzeugt wird. Für Columbus reicht der zur Verfügung stehende Strom noch aus. Bevor das japanische Modul Kibo im kommenden Jahr an der Station montiert werden kann, muss die Stromversorgung allerdings erst einmal repariert werden.

© SZ vom 6.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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