Insekten:Schutzschild aus Toten

Chemische Signale der toten Ameisen halten Feinde der Wespen fern. (Foto: Staab)

Einige Wespen platzieren tote Ameisen vor ihren Bruthöhlen. Mit ihrer grausigen Strategie scheinen die Insekten erfolgreich zu sein.

Von Sebastian Herrmann

Kurze Frage: Was haben Kelten und Wegwespen gemeinsam? Die kurze Antwort lautet: den eigenwilligen Umgang mit den Toten. Von den Kelten ist bekannt, dass sie die Schädel ihrer getöteten Feinde als Trophäen aus der Schlacht mitbrachten und ausstellten. Mit der garstigen Präsentation ließen sich künftige Angreifer mutmaßlich verunsichern und abschrecken.

Der Vergleich mag weit hergeholt sein, doch eine in China neu entdeckte Wegwespenart schützt ihre Nester mit einer Strategie, die an die Kelten und ihren Umgang mit den Schädeln ihrer Feinde erinnert: Die sogenannte Beinhauswespe (Deuteragenia ossarium) platziert tote Ameisen in ihre Bruthöhlen und schreckt damit offenbar Parasiten ab. Das berichten Wissenschaftler um Michael Staab von der Universität Freiburg im Fachmagazin Plos One (Bd. 9, S. e101592, 2014).

Die Weibchen verschiedener Wegwespenarten verfolgen ähnliche Brutstrategien. Sie legen ihre Eier in Erdhöhlen, hohle Äste oder dergleichen. Den Raum unterteilen sie in Brutkammern, in die sie Eier sowie Nahrung platzieren und die sie dann mit einer Trennwand versiegeln. An die erste Brutkammer schließt eine weitere an - bis das Gelege vollendet ist. Als die Forscher in China um die 800 Nester mit mehr als 1900 einzelnen Brutzellen sammelten, beobachteten sie eine besondere Strategie. Die Weibchen der nun als Beinhauswespen bezeichneten Art verschlossen ihr Gelege mit einer Art Eingangskammer, in die sie tote Ameisen platzierten. Die insgesamt 70 so gestalteten Nester waren in geringerem Ausmaß mit Parasiten befallen. Die Autoren argumentieren, dass wahrscheinlich chemische Signale, die von den Ameisenkadavern ausgehen, die natürlichen Feinde der Beinhauswespen abschrecken.

© SZ vom 03.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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