Insekten:Hirnhälften teilen sich die Arbeit

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Vom Menschen kennt man es schon. Aber auch bei Insekten haben die linke und rechte Hälfte des Gehirns unterschiedliche Aufgaben.

Richard Friebe

Die Tiere sind festgebunden. Aus kleinen Plastikgefäßen schauen nur die Köpfe der Bienen heraus. Sie bekommen Zuckerlösung und Duftstoffe vorgesetzt. Mit Hilfe dieser Versuchsanordnung haben Forscher aus Australien und Italien nun entdeckt, dass die beiden Hirnhälften auch bei Insekten offenbar unterschiedliche Aufgaben haben.

Auch bei Insekten teilen sich die Gehirnhälften die Arbeit. (Foto: Foto: AP)

Von Menschen und zahlreichen anderen Wirbeltieren ist seit langem bekannt, dass linke und rechte Hirnhälfte unterschiedlich spezialisiert sind. So liegen etwa bei Menschen die Schaltzentralen für die Sprache in der linken Hirn-Hemisphäre, jene für das Sehen und die räumliche Orientierung in der rechten.

Lesley Rogers und Giorgio Vallortigara trainierten ihre Bienen mit Zuckerlösung und Zitronengeruch. Bald genügte allein der Geruch, den die Tiere mit Riechzellen an ihren Antennen am Kopf wahrnehmen, damit sie ihre Saugrüssel ausfuhren. Danach versiegelten die Biologen bei der Hälfte der Versuchstiere die linke, bei der anderen die rechte Antenne mit einem Latexüberzug, so dass sie nur noch auf einer Seite riechen konnten.

Eine Stunde später bekamen die Tiere erneut Zitronenduft vorgesetzt. Nur die, deren rechte Antenne frei und funktionsfähig war, reagierten jetzt auf den Geruch. Nach einem Tag allerdings reagierten jene, deren linke Antenne frei war. Die Erinnerung an Gerüche war also offenbar von der rechten zur linken Hirnhälfte der Bienen gewandert. Rogers und Vallortigara schreiben darüber im Wissenschaftsjournal Plos One.

Es könnte also sein, dass das Kurzzeit-Duftgedächtnis bei Bienen in der rechten Gehirnhälfte liegt, und das für längerfristige Erinnerung in der linken. "Das ist eine Erklärungsmöglichkeit", sagt Jean-Christophe Sandoz von der Universität Toulouse. Sandoz, der lange an der FU Berlin ähnliche Versuche gemacht hat, ist allerdings nicht ganz überzeugt. Er sieht unter anderem in der mit zwölf eher kleinen Zahl von Versuchstieren eine mögliche Fehlerquelle.

"Die Ergebnisse zeigen, dass auch bei Bienen beide Hirnhälften asymmetrisch sind und dass Gelerntes auf beiden Seiten unterschiedlich abrufbar ist", sagt Bernd Grünewald, Leiter des Bieneninstituts der Universität Frankfurt in Oberursel. Der Neurobiologe hatte in den vergangenen Jahren selbst Hinweise auf solche Asymmetrien im Bienenhirn gefunden.

Forscher aus Frankreich hatten bereits 2004 über auf beiden Seiten unterschiedliche Hirnstrukturen bei Taufliegen berichtet, die Einfluss auf die Erinnerungsfähigkeit zu haben schienen.

Winziges Gehirn - riesige Leistung

Zu welchen kognitiven Leistungen Insekten fähig sind, hat in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die Forschung an Honigbienen gezeigt. Ihre Gehirne wiegen etwa ein Milligramm. Sie können aber komplizierte Muster erkennen und sich zahlreiche Düfte, Farben und Landschaftsmerkmale einprägen. Ihren Nestgenossinnen teilen sie sogar den Ort, wo sich eine Futterquelle befindet, über ihre so genannte Tanzsprache mit.

Darüber, wofür Insekten ein asymmetrisches Hirn brauchen, wird schon spekuliert: Weil etwa Bienen ständig neue Blütendüfte lernen müssen, könnte das Abschieben älterer Erinnerungen in eine Hirnhälfte sinnvoll sein. So wären die Sammlerinnen, während sie sich den Geruch einer neuen Blüte einprägen, nicht durch Dufterinnerungen von gestern abgelenkt .

© SZ vom 06.06.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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