Hoffnung für Infarktpatienten:Zell-Nachschub für das Herz

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Das Herz kann keine neuen Zellen bilden - dachte man bisher. Doch eine neue Studie zeigt, dass sich Teile des Pumpmuskels sehr wohl erneuern.

Christina Berndt

Bei einem Herzinfarkt geht ein Teil des Pumpmuskels zugrunde. Das ist auch deshalb so folgenschwer, weil sich das Herz im Gegensatz zu anderen Organen kaum regeneriert.

Das Herz regeneriert sich weitaus mehr, als man bislang dachte: Nur die Hälfte aller seiner Zellen schlägt vom Lebensanfang bis zum Ende. (Foto: Foto: iStock)

Dass es überhaupt fähig ist, neue Zellen zu bilden, berichten nun überraschend Wissenschaftler vom Karolinska-Institut in Stockholm: Die Menge sei zwar überschaubar, aber es gebe definitiv Zell-Nachschub ( Science, Bd.324, S.98, 2009). Für ihren Nachweis machten sich die Forscher die radioaktiven Spuren zunutze, die Atombombentests vor dem Verbot im Jahr 1963 in den Zellen der Menschen hinterlassen haben.

So zeigte sich: Im Laufe eines Menschenlebens erneuert sich etwa die Hälfte aller Zellen des Pumpmuskels, der Rest schlägt vom Anfang bis zum Ende. Jetzt träumen die Stockholmer davon, die Regenerationsfähigkeit des Herzens zur Infarkttherapie zu nutzen.

Andere Forscher hoffen dagegen seit Jahren, kranken Herzen mit Zellen von außen zur Erneuerung zu verhelfen - mit Stammzellen aus dem Blut zum Beispiel. Bisher hatten sie damit nur mäßigen Erfolg.

Nun will ein Team um Wolfgang-Michael Franz von der Uni München die Ergebnisse mit zwei biochemischen Kniffen verbessern. Bei Mäusen ist ihm das schon gelungen. Die Forscher haben Tieren zwei Substanzen verabreicht und so körpereigene Stammzellen ins kranke Herz gelockt ( Cell Stem Cell, Bd.4, S.313, 2009).

"Mehr Tiere haben überlebt"

Der eine Stoff, G-CSF, mobilisiert Stammzellen aus dem Blut, der andere unterstützt eine Substanz namens SDF-1a, die den Zellen den Weg ins Herz weist. "Dadurch hat sich die Heilung deutlich verbessert", sagt Franz. "Mehr Tiere haben überlebt." Sein Team behandelt bereits die ersten Patienten.

Für Jürgen Hescheler von der Uni Köln ist das nicht die Lösung. Die bisherigen kleinen Erfolge mit Stammzellen bei Infarktpatienten seien ein indirekter Effekt, sagt er. Wenige Zellen verwandelten sich in Herzzellen, die Pumpleistung wachse kaum.

"Die Stammzellen unterstützen nur körpereigene Reparaturmechanismen", so Hescheler. Er glaubt daher nicht so recht, dass es Menschen besser ergehen wird, wenn besonders viele Stammzellen in ihr Herz gelockt werden.

Seiner Ansicht nach sollten Forscher Vorläufer von Herzzellen züchten und diese Patienten spritzen. "Wenn es mit Zellen aus dem Blut so einfach ginge, würde sich das Herz von selbst stärker regenerieren."

© SZ vom 03.04.2009/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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