Geologie:Der Berg rutscht

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Europas größter Vulkan mit Schneehaube. (Foto: Francesco Saya/dpa)

Die Südost-Flanke des Ätna sackt ins Meer ab. Ursache hierfür ist nicht, wie lange vermutet, der Druck von Magma, sondern schlicht die Schwerkraft. Doch das ist keine gute Nachricht.

Von Hanno Charisius

Der Vulkan Ätna rutscht langsam ins Mittelmeer. Mit zwei bis drei Zentimetern pro Jahr klingt die Geschwindigkeit harmlos, doch Geologen befürchten, dass die Südostflanke irgendwann abrupt kollabieren und einen Tsunami auslösen könnte.

Seit Jahrzehnten beobachten Geologen die Zeitlupen-Rutschung an Europas größtem aktiven Vulkan. Neue Messungen mit einem schallbasierten Vermessungsnetz zeigen, dass sich der Hang auch unter Wasser weiterbewegt. Das berichten Forscher vom Kieler Geomar-Zentrum für Ozeanforschung im Fachjournal Science Advances.

Die meiste Zeit passierte während der 15-monatigen Messung gar nichts. Doch im Mai 2017 zeichneten die Sensoren eine Bewegung des Ätna auf. "Wir stellten eindeutig fest, dass der Hang innerhalb von acht Tagen um vier Zentimeter Richtung Meer abrutschte", erklärt die Geomar-Expertin Morelia Urlaub. Das könne mit einem langsamen Erdbeben verglichen werden, einem "Slow Slip".

Die Forscher glichen ihre Daten mit Satellitenmessungen ab, die zeigten, dass sich der Südosthang auch oberhalb der Wasseroberfläche bewegt hatte. Daraus schließen die Forscher, dass der Hang aufgrund der Schwerkraft abrutscht. Der Ätna bricht sozusagen unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Bislang hielten Experten vulkanische Aktivitäten im Untergrund und aufsteigendes Magma für die mögliche Triebfeder. Würde jedoch Magma die Bewegung antreiben, müsste sich der Hang oben stärker fortbewegen als unter Wasser.

"Der gesamte Hang befindet sich durch die Schwerkraft in Bewegung", sagt Heidrun Kopp, die das Projekt geleitet hat. "Daher ist es durchaus möglich, dass er plötzlich abrutscht, was einen Tsunami im gesamten Mittelmeer auslösen könnte." Vorhersagen lasse sich das durch Messungen jedoch nicht. Es kann nächstes Jahr passieren, in einem Jahrhundert - oder auch niemals.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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