Genetik:Lebenslang aktiv

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Mindestens 1500 Gene tragen zum Alterungsprozess bei. Ihre Aktivität ändert sich permanent. Gibt das Hoffnung auf eine Verlängerung des Lebens?

Von Werner Bartens

Eine schöne Vorstellung: Endlich das Gen finden, das die Alterungsvorgänge im Körper beschleunigt, und es bei Bedarf ausschalten. Es muss doch im Erbgut abzulesen sein, warum der eine erst als Methusalix in sein Hinkelsteingrab muss, wenn ihm tatsächlich irgendwann der Himmel auf den Kopf gefallen ist, während der andere in jungen Jahren dahingerafft wird, aus der Mitte des Lebens, wie es in Trauerbekundungen heißt. Nach dem Alters-Gen und damit dem Schlüssel zum Jungbrunnen suchen Forscher seit vielen Jahren.

So schnell werden sie jedoch nichts finden - oder vielmehr: Sie werden überall fündig werden. Gerade zeigen Forscher des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München im Fachblatt Nature Communications, dass fast 1500 Gene am Alterungsprozess beteiligt sind. Diese 1500 Gene sind aber - wie fast alle Erbanalagen - nicht starre Gebrauchsanleitungen für den Körper, sondern flexibel. Sie lassen sich leicht beeinflussen und verändern sich in Abhängigkeit von dem, was man im Alltag anstellt und was auf einen einwirkt. Ernährung, Bewegung, Stress, Stimmung und viele andere Faktoren modulieren, wie stark ein Gen seine Bauanleitung umsetzt - oder aber in untätigen Schlummer verfällt. Man kommt leicht auf 1500 äußere Einflüsse, die im Lauf des Lebens auf einen Menschen einprasseln und ihn, sein Erbgut und seine Lebenserwartung verändern.

"Die Genexpression, also die Aktivität der einzelnen Gene, ändert sich im Lauf des Alterns und reagiert auch auf veränderte Umweltbedingungen", sagt Holger Prokisch, Forschungsgruppenleiter am Institut für Humangenetik des Helmholtz-Zentrums München und der TU München. Das sind erfreuliche Nachrichten. Der Rat des Arztes Oliver Holmes an alle, die alt werden wollen, sich "per Anzeige um ein Paar Eltern zu bemühen, die aus einer langlebigen Familie stammen", kann als überholt gelten. Die Lebensspanne ist nicht zwangsläufig genetisch vorgegeben, sondern man kann etwa dafür tun, dass man alt wird. Genetische Faktoren beeinflussen die Lebenserwartung insgesamt nur zu etwa 25 Prozent, Lebensumstände und Verhalten sind weitaus prägender. "Die Liste an Genen ist sicherlich noch nicht vollständig", sagt Prokisch. Was man an gelassener und ausgewogener Lebensführung zum gesunden Alter beitragen kann, ist hingegen längst bekannt.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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