Gebäudeschäden:Bakterien fressen Kirchen auf

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Nicht nur Witterung und schmutzige Luft setzt Gebäuden zu, sondern auch Bakterien. Und die wWiderstandsfähige Mikroben sind kaum zu bremsen.

Hanno Charisius

Gebäude leiden nicht nur unter der Witterung und schmutziger Luft, auch Bakterien setzen ihnen zu. Spanische und portugiesische Mikrobiologen haben in einer Grabanlage und einer Kirche fünf bislang unbekannte Mikroben-Arten gefunden, die Gestein zerstören, berichten sie in der Zeitschrift Naturwissenschaften (online).

Äußerlich nicht erkennbar, nagen im Inneren von Schloss Herberstein Bakterien an Wandmalereien und Mauerwerk. (Foto: Foto: Wolfgang Glock, Verwendung gemäß Creative Commons Attribution ShareAlike 2.0 Austria)

Zunächst setzen sich die Bakterien auf der Oberfläche fest, später dringen sie in porösen Kalk- oder Sandstein ein und sprengen ihn von innen. Einige der Bakterien ernähren sich auch von Pigmenten, die in Wandmalereien enthalten sind. Bei den fünf identifizierten Arten handelt es sich um Rubrobacter-Bakterien. In den Gesteinsproben fanden die Forscher jedoch eine Vielzahl weiterer Mikroorganismen, die sie noch nicht näher beschreiben konnten.

Ähnliche Bakterien waren vor einiger Zeit in Wandmalereien auf Schloss Herberstein in der Steiermark entdeckt worden. Ein DNS-Vergleich mit den neu entdeckten Arten ergab, dass es sich um enge Verwandte handelt. In Österreich hatten sich Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert unter dem zerstörerischen Einfluss der Mikroorganismen rosa eingefärbt - die Handschrift von Rubrobacter.

Schäden in ganz Europa

Auch in einer Krypta in Matera, Italien, seien diese Mikroben bereits nachgewiesen worden, sagt Studienleiter Cesareo Saiz-Jimenez vom Institut für Agrobiologie in Sevilla. "Es sieht so aus, als würden diese Bakterien in ganz Europa zur Vernichtung von Gebäuden beitragen."

Um die Zerstörungskraft der Mikroben genauer zu untersuchen, ließen die Forscher zwei der fünf neu entdeckten Stämme auf kleinen Kalk- und Sandsteinblöcken wachsen.

Binnen einiger Wochen drangen die Bakterien in die Oberfläche ein, vermehrten sich dort und bildeten Salzkristalle. Trocknete das Gestein aus, lösten sich der Bakterienfilm und die Kristallschicht ab - und rissen winzige Gesteinsbröckchen mit sich. Über lange Zeiträume führe dieser Prozess zu Schäden an Denkmälern, Gräbern und Gebäuden, schreiben die Wissenschaftler.

Bislang gebe es kein wirksames Mittel gegen Bakterienbefall, sagt Guadalupe Pinar von der Universität für Bodenkultur in Wien. In Herberstein experimentierten die Mikrobiologin und ihre Kollegen bereits vor einigen Jahren mit Antibiotika, doch ein Erfolgsrezept sei das nicht geworden, berichtet sie. Ein solches Biozid kann niemals alle Mikroorganismen an einem Ort töten, deshalb bringe der Einsatz die Lebensgemeinschaften durcheinander.

"Dadurch können die Probleme sogar noch größer werden", warnt Pinar. Es mangele jedoch an langfristig angelegten Untersuchungen zu dem Thema. Die neue Studie über die Kirchenfresser helfe immerhin dabei, etwas genauer zu verstehen, wie das Zerstörungswerk der Bakterien vonstatten gehe. Vielleicht könnten Restauratoren dadurch lernen, wie der Verfall zu bremsen ist.

© SZ vom 30.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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