Gastfamilien:Interessanter Besuch

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Katrin Erber-Seitz und Familie in Lindau. (Foto: privat)

Familie Seitz beherbergt jedes Jahr eine Woche lang einen jungen Teilnehmer der Nobelpreisträgertagung.

Von Johanna Pfund

Ein Urlaub Ende Juni kommt für Familie Seitz aus Lindau nicht mehr in Frage. Jahr für Jahr findet um diese Zeit die Nobelpreisträgertagung statt, und das Ehepaar nimmt währenddessen jeweils einen jungen Nachwuchswissenschaftler als Gast bei sich auf. "Dieses Jahr ist es ein Indonesier, der in Leipzig studiert", erzählt Katrin Erber-Seitz. "Wir sind schon neugierig und freuen uns."

Angefangen hat es 2012. Das Jahr, in dem gerade das letzte der drei Kinder auf dem Sprung aus dem Haus war. Seitdem wohnt zur Zeit der Tagung immer ein junger Wissenschaftler im ehemaligen Kinderzimmer. Mathieu aus La Reunion war der Erste, der eine Woche bei der Familie verbrachte. Aber was heißt schon verbringen? "Wir hätten eigentlich gerne mehr Zeit mit den jungen Leuten", sagt die Lindauerin. Aber das Programm der Tagungsteilnehmer ist dicht gestaffelt, viel Zeit bleibt nicht, um den Kontakt überhaupt zu knüpfen und sich ein wenig kennenzulernen, je nach Anreisezeitpunkt steht vielleicht der Samstag für eine gemeinsame Unternehmung zur Verfügung, eventuell etwas vom Sonntag, und dann beginnt sich das Karussell aus Vorlesungen, Talks, Master Classes und Abendveranstaltungen schon zu drehen - bis es für die Tagungsteilnehmer nach einer Woche mit der Bootsfahrt auf die Insel Mainau endet.

An den Premierengast Mathieu hat Katrin Erber-Seitz trotz der knappen Zeit immer noch sehr gute Erinnerungen. Die Familie konnte ihn später sogar in der Forschungsanlage Cern bei Genf besuchen - und bekam eine Exklusivführung von ihrem einstigen Gast geboten. Einmal habe die Chemie mit dem Gast nicht so ganz gestimmt, erzählt die Juristin. "Aber wir haben es nie bereut. Durch die Gäste bekommt man sozusagen Puzzleteilchen aus aller Welt mit, man erfährt von Gegenden, die man nicht kennt." So lernte die Familie vergangenes Jahr dank ihres Gasts viel über Pakistan. Der junge Mann ist mittlerweile zurück in seinem Heimatland, er hatte Heimweh. "Aber mit dem haben wir herzlichen Kontakt geknüpft." Mal redeten sie englisch miteinander, maldeutsch, da der Wissenschaftler damals in Deutschland studierte. "Irgendwie ist es immer gegangen."

Und Lindau macht es den Gastgebern auch leicht. Es ist ja Sommer, die malerische Altstadt auf der Insel leuchtet, der See glitzert, ein schöner Ort. "Für die Leute, die von weither kommen, ist es fantastisch", erzählt Erber-Seitz. Ein kleiner Teil des Ambiente sind die Gasteltern selbst. Bei Familie Seitz können die jungen Wissenschaftler in einem kleinen Holzhaus nahe der Insel wohnen und per Fahrrad schnell zu den Veranstaltungen gelangen.

Die Familie schätzt auch den Umgang mit den Organisatoren. "Man bekommt eine unglaubliche Wertschätzung", sagt die 59-Jährige. Während des Jahres gibt es ein Gastelterntreffen, man bekommt die Forschung der Laureaten vorgestellt. Ein schönes Gesamtpaket.

© SZ vom 29.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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