Elefanten-Forschung:Die Familie in der Nase

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Wer schon einmal seinen Nachwuchs aus den Augen verloren hat, der wünscht sich vielleicht, ein Elefant zu sein. Wenn diese Tiere Familienmitglieder nicht sehen, bestimmen sie deren Position einfach über den Geruchssinn.

Markus C. Schulte von Drach

Eltern, die schon mal ein Kind im Kaufhaus oder Schwimmbad aus den Augen verloren haben, kennen dieses Gefühl aufkommender Panik. In diesem Augenblick wäre man vielleicht gern ein Elefant. Denn diese Tiere könnten riechen, ob der Nachwuchs sich ins Erwachsenenbecken oder in die Spielzeugabteilung aufgemacht hat.

Der kenianische Amboseli-Nationalpark im Schatten des Kilimandscharo. (Foto: Foto: Reuters)

Das zeigt eine Studie schottischer Forscher. Wie die Wissenschaftler von der University of St Andrews berichten, haben die Tiere zwar keine guten Augen, aber einen echten "Riecher" dafür, wo sich die Mitglieder ihrer Sippe gerade aufhalten. Und zwar auch dann, wenn diese außer Sichtweite sind.

Der ausgeprägte Geruchssinn hilft ihnen offenbar, eine Art geistige Karte mit den Positionen der übrigen Familienmitglieder zu erstellen und diese so nicht im Auge, sondern gewissermaßen in der Nase zu behalten. Das ist besonders wichtig, wenn die Tiere wandern oder sich der Gruppenverband für die Nahrungssuche aufgelöst hat.

Die Forscher um Richard Byrne, die ihre Studie jetzt vorab online im Fachblatt Biology Letters (online, DOI: 10.1098/rsbl.2007.0529) veröffentlicht haben, hatten im kenianischen Amboseli-Nationalpark Urinproben von einigen weiblichen Elefanten gesammelt. Die Dickhäuter gehörten zu einer Gruppe von insgesamt 36 Tieren.

Dann platzierten die Wissenschaftler die Urinproben vor einigen der wandernden Elefanten. Handelte es sich um Urin von Tieren, die die Elefanten-Probanden zu Recht hinter sich wähnten, zeigten sie sich überrascht davon, dass die betreffenden Artgenossen sie scheinbar unbemerkt überholt hatten.

Auch wenn die Probe von einem Herden-Mitglied stammte, das grad gar nicht in der Gegend war, zeigten sie sich irritiert.

Die Position von mindestens 17 Familienmitgliedern merkte sich jeder der großen Studienteilnehmer. Einige Tiere wussten sogar von bis zu 30 Artgenossen, wo sie sich aufhielten. Der Urin von fremden Elefanten interessierte die Tiere dagegen nicht.

"Möglicherweise zeichnet sich das Gedächtnis der Elefanten gar nicht dadurch aus, dass sie sich besonders lange an etwas erinnern, sondern durch ihr gutes Arbeitsgedächtnis", erklärte Byrne dem britischen Sender BBC. Für dieses sei es wichtiger, sich ständig auf den neuesten Stand zu bringen und Dinge wieder zu vergessen, als sie für immer zu speichern.

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