Der Sternenhimmel im Juni:Ein Riesenkracher

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Der Tunguska-Knall: Im Juni jährt sich der Einschlag eines kosmischen Klumpens in Sibirien zum 100. Mal.

Helmut Hornung

Am Morgen des 30. Juni 1908 sitzt S.B. Semjenow friedlich auf der Veranda seines Hauses in der Siedlung Wanawara in Russland, als ihn die Druckwelle einer Explosion mehrere Meter durch die Luft schleudert und er die Besinnung verliert. Später erinnerte er sich: "Ich kam zu mir, und dann hörte ich diesen Lärm, der das ganze Haus erschütterte und es beinahe aus seinen Fundamenten hob."

Anfang Juni 0.30 Uhr Ende Juni 22.30 Uhr (Foto: Grafik: M. Rothe)

Andere Augenzeugen sehen einen Feuerball vom Firmament stürzen und danach einen gewaltigen Rauchpilz, der in den Himmel steigt. Etwa 700 Kilometer entfernt von Semjenows Haus hält der Lokführer der Transsibirischen Eisenbahn den Zug an, weil er glaubt, der Kessel sei explodiert oder ein Waggon entgleist. Überall auf der Welt schlagen seismologische Instrumente an.

Erst 19 Jahre nach dem großen Knall dringt eine Expedition in das Katastrophengebiet vor, einem entlegenen Landstrich nahe des Flusses Tunguska in Sibirien. Dort sind auf einer Fläche von mehr als 2000 Quadratkilometern schätzungsweise 80 Millionen Bäume umgeknickt. Einen Krater finden die Forscher nicht.

Über das Tunguska-Ereignis lässt sich gut spekulieren. War ein schwarzes Loch mit der Erde kollidiert? Ein Vulkan ausgebrochen? Oder gar ein Ufo havariert? Tatsächlich wäre den Menschen vor hundert Jahren beinahe ein Stück Himmel auf den Kopf gefallen: Ein etwa 50 Meter großer Gesteinsbrocken aus dem Sonnensystem hatte unseren Planeten getroffen - aber nicht ganz.

Das kosmische Geschoss erhitzte sich bei seinem Flug durch die Atmosphäre, zerbrach schließlich am Luftwiderstand und wurde einige Kilometer über dem Boden pulverisiert. Ein gebündelter Feuerstrahl schoss weiter in Richtung Erde, wo Hitze- und Druckwellen die Landschaft verwüsteten. In diesem Szenario besaß der Meteorit die Sprengkraft von 250 Hiroshima-Bomben. Die Bombe aus dem All war möglicherweise kleiner als Forscher früher vermuteten. Kleinere Trümmer treffen die Erde häufiger als größere, das Tunguska-Ereignis könnte sich statistisch gesehen etwa alle hundert Jahre wiederholen.

Strahlender Gasriese

Götterbote und Liebesgöttin entziehen sich derzeit den neugierigen Blicken - Merkur und Venus stehen in diesem Monat zu nahe an der Sonne. Wer Mars am Abendhimmel sehen möchte, hat nicht mehr viel Zeit; der rote Planet wandert vom Krebs in den Löwen und geht Ende des Monats gegen Mitternacht unter.

Der Gasriese Jupiter steht im Schützen und klettert in den Abendstunden über den Osthorizont. Dabei legt er an Helligkeit zu und leuchtet als strahlendes Gestirn vom Himmel. Der Ringplanet Saturn wandert gemächlich durch den Löwen, ist aber nur mehr Objekt der ersten Nachthälfte. Am Abend des 8. Juni kommt es dicht über dem Westhorizont zu einem sehenswerten Vierertreffen: Mit von der Partie sind Saturn, Mars, der Löwenstern Regulus und der zunehmende Mond.

Uranus im Wassermann taucht ebenso am frühen Morgen auf wie Neptun im Steinbock. Erfahrene Beobachter sollten mit dem Fernglas oder Teleskop nach den beiden Planeten Ausschau halten.

Der Fahrplan des Erdbegleiters: Neumond am 3., Erstes Viertel am 10., Vollmond am 18. und Letztes Viertel am 26. Juni. Am 21. Juni erreicht die Sonne um 1.59 Uhr den höchsten Punkt ihrer Jahresbahn, der astronomische Sommer beginnt. Von nun an werden die Tage wieder kürzer.

© SZ vom 03.06.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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