Büffelzüchter Willi Wolf:Buffalo Bill auf der Alb

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Albbüffel

Willi Wolf züchtet Büffel auf der Schwäbischen Alb

(Foto: dpa)

Seine Leidenschaften sind Westernreiten und sture Rindviecher: Willi Wolf züchtet asiatische Wasserbüffel im Schwäbischen und pfeift darauf, wenn Nachbarn lästern. Der Almauftrieb dieser Kraftpakete ist eine spektakuläre Show.

Von natur-Autorin Agnes Fazekas

Greifvögel kreisen über der Schwäbischen Alb, während die Männer in schweren Mänteln ihre Pferde aufzäumen. Einer der Reiter auf diesem Hof bei Hohenstein ist Willi Wolf, ein kräftiger Kerl mit Schnauzbart, Nickelbrille und einem Cowboyhut, der mit seinem Kopf fest verwachsen zu sein scheint.

Lässig zieht der 58-Jährige noch einmal an der Reval, die zwischen seinen Lippen klemmt. Dann brüllt er "Hooohooohooo" und lässt das Pferd zum Tor traben. Sein Auftritt ist nicht nur Show. Wolf züchtet Westernpferde. Einerseits, weil es ihm Spaß macht. Andererseits braucht er die Tiere, um seine Wasserbüffel auf die Weiden zu treiben.

Aus natur 04/2014

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    Der Text stammt aus der April-Ausgabe von natur, dem Magazin für Natur, Umwelt und nachhaltiges Leben. Er erscheint hier in einer Kooperation. Mehr aktuelle Themen aus dem Heft 04/2014 auf natur.de...

Dunkle Kolosse sind das, mit Hintern wie Waschmaschinen und sichelförmig gebogenen Hörnern - Tiere, die man eigentlich in Indien wähnt. Nach einem langen Winter im Stall dürfen die Büffel heute wieder an die frische Luft. Ungeduldig trampeln die Wiederkäuer Richtung Ausgang, lassen mit ihren massigen Leibern die Wände des Unterstands vibrieren. Die Kühe grunzen und grollen, ihre Kälber versuchen, sie mit kieksigen Stimmen nachzuahmen. Draußen blinzeln die Büffel in die Frühlingssonne, kurz darauf galoppiert die Herde auf die Wiese hinter dem Haus.

Albbüffelbraten, im Heubett gegart

Angeführt wird die Meute von Willi Wolfs Sohn Patrick. Sein Lasso baumelt am Sattel, eine verspiegelte Sonnenbrille verbirgt die Spuren der vergangenen Nacht. Gestern war Dorffest, und einige Cowboys wirken noch etwas mitgenommen. Doch jetzt fordern 290 Wasserbüffel ihre Aufmerksamkeit. Exotische Rinder auf der Alb? Für Willi Wolf ist das ganz normal. Immerhin lebten hier schon einmal solche Tiere - wenn auch vor 300 000 Jahren. Bei Steinheim an der Murr fanden Bauarbeiter fossile Überreste. "Sicher, Löwen und Elefanten gab es in dieser Gegend ebenfalls, und trotzdem haben wir keine im Stall", lacht Wolf.

Früher züchtete er einheimische Rinder. Doch nachdem der Fleischpreis in den Keller gerutscht war, rentierte sich naturgerechte Haltung nicht mehr. 2005 erfährt Wolf von einer Wasserbüffel-Zucht in Norddeutschland. "Mir hat ihre Ausstrahlung gleich gefallen", sagt er und beißt in sein Wienerle. Das ist nicht aus Büffelfleisch. Dabei liebt er dessen Geschmack: eine Mischung aus Kalb, Rind und Wild. Sehr dunkel, kurzfaserig, mit viel Biss. "Kein Weiberzeugs", wie er sagt. Seine Büffel werden nach einem Jahr geschlachtet. "Die sind hager, haben kein intramuskuläres Fett". Drei Kälber bringt er wöchentlich zu Metzger Ludwig Failenschmid in St. Johann-Gächingen, der das Fleisch zu luftgetrocknetem Albbüffelschinken oder Albbüffelgöschle (eine Variante der Schwäbischen Maultaschen) verarbeitet und in seinem Landgasthof Wolfs Leibspeise kredenzt: Albbüffelbraten, im Heubett gegart.

Von Spezialitäten will Wolf allerdings nicht reden. Das vertrage sich nicht mit dem Nachhaltigkeitsgedanken. "So ein Tier besteht eben nicht nur aus Filet", betont er. Sogar das Leder der Büffel wird gegerbt und zu Jacken, Portemonnaies oder Schlüsselmäppchen verarbeitet. Nur die wenige Milch der Albbüffel gibt Wolf lieber den Kälbern.

Aber heute wird nicht geschlachtet. Heute treiben die Cowboys einen Teil der Kühe mitsamt ihren einjährigen Kälbern nach Meidelstetten, die Tiere mit noch jüngerem Nachwuchs kommen nach Bernloch, jene ohne Kalb dürfen sich im Naturschutzgebiet Schmiechener See tummeln. In dieser Region bei Ulm wachsen Weiden wie Unkraut. Die Folge: Für bodenbrütende Vögel fehlt der Lebensraum. Wolfs Büffel aber lieben es, ihre Hörner so lange an den Weiden zu schubbern, bis diese absterben. Günstige Landschaftspflege also.

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