Bücher:30.000 Jahre Kunst

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Ein Spaziergang durch die Zeit, ein Ratgeber zum richtigen Aufschieben und andere Buchtipps.

Spaziergang durch die Zeit

(Foto: N/A)

Passen 30 000 Jahre Kunst in ein Buch? Zugegeben, bei dem prächtigen, aufwendig gestalteten Bildband handelt es sich um einen besonders großen seiner Art. Und reichlich schwer ist er auch - aber können ein paar Kilo Papier wirklich genügen, um das künstlerische Schaffen der Menschheit wiederzugeben? Schon nach ein paar Seiten sind solche Vorbehalte vergessen, denn der Spaziergang durch die Kunst ist einfach zu vergnüglich: von dem rundlichen Schönheitsideal der Steinzeit über die hehren Helden der Antike bis hin zu den feinen Kalligrafien Japans (siehe Bild oben) und den wilden Farbklecksen Pollocks. Da das Buch mit seinen mehr als 1 000 Kunstwerken einmal rund um den Erdball reist, zieht der Leser bald selbst Parallelen, blättert ein paar hundert Jahre vor, springt ein Jahrtausend zurück und kann nur staunen über die Menschen und ihre Kunst.

30.000 Jahre Kunst, Phaidon, 49,95 Euro

Aufschieben, aber richtig

Zwölf Jahre lang lebte Kathrin Passig in dem Bewusstsein, dass sie endlich ihr Kellerabteil aufräumen müsste. Entsprechende Briefe ihres Vermieters ignorierte sie, und schließlich brach der Vermieter das Abteil auf und räumte es leer. Es lohnt sich also, Dinge erst einmal unerledigt zu lassen, diese Lektion vermittelt das Buch so überzeugend, dass sich kein schlechtes Gewissen einstellt, wenn man Hausund sonstige Arbeit liegen lässt, um den ungewöhnlichen Ratgeber zu lesen.

Vergnügen bereitet dieser durch trockenen Sprachwitz und unkonventionelle Tipps für Menschen mit chronischer Aufschieberitis: "Einige Kabel geordnet in eine Tasche legen, abwarten, den entstandenen Kabelsalat betrachten und über die Sinnlosigkeit menschlichen Ordnungsstrebens meditieren". Vieles wäre einfacher, nähme jeder sich und seine Macken so wenig ernst wie die beiden Autoren.

Dinge geregelt kriegen, von Kathrin Passig und Sascha Lobo, Rowohlt, 19,90 Euro

Das Leben vor dem Tod

Genauso wie man Angst vor dem Tod hat, freut man sich vermutlich auch nicht darauf, ein Buch über die Angst vor dem Tod zu lesen. Doch der amerikanische Psychoanalytiker Irvin D. Yalom schafft es, den Blick auf das Leben zu wenden. Der Tod sei dann sinnlos, wenn er nur als furchtbares Ende des Lebens gesehen werde. So versucht Yalom, der gleichwohl gesteht, selbst den Tod zu fürchten, diesen als Mahnung zu verstehen, das Leben und seine besonderen Qualitäten zu begreifen, die kostbaren Momente in ihrer Tiefe zu erfahren. "In die Sonne schauen" ist ein bemerkenswert leichtes Buch über ein ernstes, wichtiges Thema. Gewohnt anekdotenreich schmückt der Analytiker seine Ideen mit Fällen aus seiner Praxis, erklärt anhand von Beispielen, warum es nicht klug ist, den Tod zu verdrängen. Vielmehr müssten die Menschen lernen, ihre Endlichkeit zu akzeptieren.

In die Sonne schauen, von Irvin D. Yalom, Btb, 21,95 Euro

Die Überlebenskünstler

"Wenn wir den Leuten von unserem Zuhause erzählen, wer wird uns glauben?" Resigniert stellt Nagamma Shilpiri diese Frage. 15 Menschen leben in ihrer Ein-Zimmer- Hütte in Dharavi, dem weltgrößten Slum, der im Zentrum Mumbais liegt. Der Fotograf Jonas Bendiksen glaubt den Menschen, die er in den Slums von Mumbai, Jakarta, Nairobi und Caracas besucht hat, nicht nur ihre Geschichten, er gibt ihnen auch Zeit und Raum, von ihrem Leben, ihren Wünschen und Ängsten zu erzählen. Mit Gestank, Überschwemmungen und Gewalt haben sich die Menschen arrangiert. Man holt die Kinder ins Haus, wenn es eine Schießerei gibt, hockt mit angezogenen Beinen auf dem Bett, wenn der Monsun kommt. Dass dennoch Platz für Würde bleibt, zeigen Bendiksens Bilder: Sie führen die Menschen nicht vor, sondern stellen sie vor, ihr Leben und auch ihren Stolz auf eine Neun-Quadratmeter-Hütte mit alten Folien an den Wänden.

So leben wir - Menschen am Rande der Megacitys, von Jonas Bendiksen, Knesebeck, 29,95 Euro

Vorlesung HÖRBUCH

"So, was ist Krebs?" Der Auftakt klingt etwas schnodderig, als sei dem diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger eben erst eingefallen, dass er interessierten, aber nicht übermäßig vorgebildeten Zuhörern die gesammelten Ergebnisse der Krebsforschung nahebringen soll. Zur Hausen erklärt so fundiert wie verständlich und beschränkt sich, anders als der Titel suggeriert, nicht auf Therapiemöglichkeiten. Er lässt auch Erkenntnisse der Grundlagenforschung einfließen, besonders im zweiten Teil, wenn er über sein nobelpreisgekürtes Spezialgebiet spricht, den infektionsbedingten Krebs.

Was tun gegen Krebs?, von Harald zur Hausen, Supposé, 18 Euro

Wir Glückssucher AUSSTELLUNG

Die Frage nach der Quelle des Glücks stellen sich Menschen spätestens seit der Antike. Wer nach den Gründen des Glücks sucht, begibt sich auf unterschiedliche wissenschaftliche Felder, fragt, warum Schokolade Wohlbefinden auslöst, merkt, dass Geld nicht unbedingt glücklich macht, liest von Dopaminen und Endorphinen, die den Glückshaushalt im Gehirn bestimmen. Und erkennt, dass es bei all den Antworten im Kern nur um eines geht: dass jeder selbst sein Glück findet.

Glück - welches Glück, Hanser, 19,90 Euro; Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden, verlängert bis 4. Januar 2009.

Die Macht der Gewalt Er ist ein berühmter Mafia- Jäger und war lange Bürgermeister von Palermo. Leoluca Orlando kennt alle Gesichter der Mafia. Als im Juli 1983 eine Autobombe den Richter Rocco Chinnici zerfetzte, wussten viele in Palermo, dass eine neue Ära begonnen hatte: Die Mafia hatte eine Methode der Terroristen angewendet. In Gesprächen mit dem Journalisten Pippo Battaglia entwirft Orlando ein bemerkenswertes Mafia-Porträt.

Leoluca Orlando erzählt die Mafia, Herder, 19,95 Euro

Zukunftsmusik

Können wir Gedanken direkt an andere schicken? Werden Roboter einmal schlauer sein als Menschen? Die Fragen, die sich der renommierte Physiker Michio Kaku stellt, sind Science-Fiction-Klassiker. Doch die Antworten sind so unterhaltsam, originell und wissenschaftlich genau, dass man die Reise in die Zukunft der Physik mit Begeisterung liest.

Die Physik des Unmöglichen, von Michio Kaku, Rowohlt, 24,90 Euro

Typisch Mensch

Was macht den Menschen aus? Der Wissenschaftsjournalist Chip Walter hat sechs Antworten: der aufrechte Gang, die Sprache und die Fähigkeiten zu lachen, zu küssen, zu weinen und sehr präzise zu greifen. Einige seiner Thesen sind nicht unumstritten, doch Chip Walter argumentiert logisch und gut verständlich.

Hand & Fuß, von Chip Walter, Campus, 24,90 Euro

Unbekanntes Europa

Mit großem Interesse für die Menschen, ihre Kultur und die Natur erzählt der Journalist vom Leben am zweitgrößten See Europas im russischen Norden.

Das Haus am Onegasee, von Mariusz Wilk, Zsolnay, 19,90 Euro

Präsentiert vom Piper-Verlag

© SZ Wissen, Ausgabe 12/2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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