Vorgestellt Ende der 1970er von dem Medizinaußenseiter Franz Morell und dem Elektriker Erich Rasche fand die Bioresonanztherapie in der Heilpraktikerszene in kürzester Zeit weite Verbreitung.
Heute gilt das auch als MORA (MOrell und RAsche)-, Bicom-, Multicom-, Multiresonanz- oder Kippschwingungstherapie bekannte Verfahren als nahezu unabdingbarer Bestandteil "alternativer" Heilbehandlung.
Vom Körper abgestrahlte "krankmachende Schwingung", so Morell und Rasche, werde über das von ihnen entwickelte Bioresonanzgerät in "heilsame Schwingung" umgepolt und dem Körper zurückgeführt.
Zur Behandlung hält der Patient zwei über Kabel mit dem Gerät verbundene "Elektroden" - hier in Form kleiner Blechdosen - in den Händen:
Die "Minus-Elektrode" greift angeblich die "pathologischen Schwingungen" ab, die "Plus-Elektrode" gibt sie, automatisch umgewandelt in "genau jene Schwingungen, die den Heilungsprozeß in Gang setzen", wieder ab.
Weiterentwickelte Geräte nutzten die "Schwingungen" homöopathischer Heilmittel oder von Bach-Blüten-Tropfen, die über die "Elektroden" in den Körper des Patienten eingeleitet werden könnten. Die geschlossenen Fläschchen werden hierzu in einen mit dem Gerät verkabelten Behälter gestellt.
Auch die heilsamen "Schwingungen" von Edelsteinen, Metallen und Farbkarten können angeblich auf diese Weise zugeführt werden.
Eine Behandlung für jede denkbare Erkrankung
Sechs bis zehn Sitzungen sind laut Aussager von Bioresonanz-Therapeuten erforderlich, jede nur denkbare Erkrankung oder Funktionsstörung zu beheben oder auch vorbeugend zu behandeln.
"Verblüffende Erfolge", seien zu erzielen vor allem bei Allergien, Atemwegserkrankungen, chronischen Schmerzzuständen; Rheuma und vielen anderen Problemen - selbst und gerade dann, wenn andere Methoden oder Mittel bisher kaum oder gar nichts bewirken konnten.
Zur Erklärung der Wirkungsweise ihrer Apparaturen beziehen deren Vertreter sich gerne auf die nie bewiesene und von den meisten Fachleuten abgelehnte Biophotonentheorie des deutschen Physikers Fritz-Albert Popp.
Dieser Theorie zufolge umgibt eine ultraschwache zelluläre Lichtstrahlung jeden Organismus mit einem "Kraftfeld", in das mittels bestimmter Schwingungen Informationen zur Behebung organismischer Funktionsstörungen eingeschleust werden könnten.
Mit aufgeblähter Terminologie wird von Bioresonanz-Therapeuten der Anschein quantenphysikalischer Wissenschaftlichkeit erweckt. Die Rede ist zum Beispiel von "sechsdimensionalen Hyperwellen", von "Supraleitungen" oder "Elektronen-Plasma-Strömen". Im übrigen sei die Funktionsweise der Geräte Firmengeheimnis.
Reine Spekulation und Irreführung
Bioresonanztherapie wurde einer Vielzahl wissenschaftlicher Tests unterzogen: die Ergebnisse waren durchgängig negativ!
Die Stiftung Warentest rät deshalb entschieden davon ab, egal, unter welchem Namen sie betrieben wird: Bioresonanztherapie muss als reine Spekulation und Irreführung des Patienten gelten.
Auch für den Hausgebrauch gibt es eine Reihe von Geräten:
Zu den weitestverbreiteten zählt der sogenannte Medea-7-Orgonstrahler. Es handelt sich dabei um ein "Radionik-Gerät", das ohne Strom aus Steckdose oder Akku funktionieren soll.
Der "Strahler besteht aus einem spitz zulaufenden knapp 25 Zentimeter langen Aluminiumrohr (vergleichbar einem etwas überdimensionierten Kugelschreiber), das über ein Kabel mit einem Behälter für "Bioaktiv-Ampullen" verbunden ist. Diese Ampullen sind mit kochsalzhaltigem Leitungswasser gefüllt, das nach Angaben des Erfinders der Apparatur mit "universeller Lebensenergie" (= Orgon) aufgeladen sein soll.
Diese Energie wird über das Kabel und den Metallstift auf den kranken Körperteil geleitet und soll dort ihre heilende Wirkung entfalten. Auch Fernheilung ist angeblich möglich. Hierbei muss der "Strahler" auf ein Bild der zu heilenden Person gerichtet werden.
In großformatigen Werbeverlautbarungen berichten "begeisterte Anwender" von wundersamen Heilerfolgen bei Erkrankungen jeder Art, nicht zuletzt bei Neurodermitis, Herpes, Knochenmarkskrebs oder Gehirntumoren.
Ein Gutachten der Universität Gießen wies das 360 Euro teure Gerät als gänzlich wirkungslose Attrappe aus.
Bemerkenswert ist ein weiterer "Orgonakkumulator", der unter dem Namen "Pyragon-Biophotonen-Schwingungsverstärker" vertrieben wird. Das Gerät in Gestalt einer kleinen Keramikpyramide säubere den Wohnbereich von "Eiterbakterien, Fäulnisbakterien und T-Bazillen" ("Todesbazillen, gemeint sind krebserregende Stoffe).
Ähnliche Wirkung wird dem "Hulda-Clark-Zapper K100" zugeschrieben, einem batteriebetriebenen "Frequenzgenerator, der angeblich eine in der Natur nicht vorkommende Wellenform" erzeugen kann und damit jedwede Keime, Pilze oder Parasiten abzutöten in der Lage sein soll.
Intensiv beworben werden auch Bioresonanzgeräte, die, nicht viel größer als eine Zwei-Euro-Münze, mittels eines eingebauten Mini-Akkus ein elektromagnetisches Feld zu erzeugen und, als Anhänger um den Hals getragen, jegliche Organstörung zu beheben in der Lage sei.
Alle diese Geräte kosten Hilfesuchende zwischen ein- und zweihundert Euro.
Etwas preiswerter ist mit 90 Euro das sogenannte Kosmoton, ein "kosmobiologisches Schutzgerät für Mensch, Tier und Pflanze". Es handelt sich um ein mit esoterischer Symbolik versehenes Blechmedaillon von etwa sechs Zentimetern Durchmesser mit eingebauter Mini-Batterie. In diesem Gerät sei ein "dreistrahliges Mikrokosmossystem mit dem siebenfachen Mikrosonnensystem kombiniert", wodurch es "universal kosmisch tonisierend" wirke.
Die Beispiele für derlei vollkommen nutz- und wirkungslose Gerätschaften könnten endlos fortgeführt werden.
Eine komplette Ausbildung zum "Bioresonanztherapeuten" selbst ist übrigens billiger als die meisten dieser Geräte: Sie dauert sechs Stunden und kostet 75 Euro.
Colin Goldner ist klinischer Psychologe. Er setzt sich seit etlichen Jahren kritisch mit alternativen Heilverfahren auseinander.