Biologie:Gemeinsam durch die Stadt

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In Ballungsräumen legen Füchse und Kojoten mitunter ihre Konflikte bei. Liegt das an dem üppigen Futterangebot?

Von Hanno Charisius

Normalerweise verstehen sich Füchse und Kojoten nicht besonders gut. Man konkurriert um Beute und damit die Jagdreviere. Also meidet man sich in der freien Wildbahn eher. Die kleineren Füchse stehen sogar gelegentlich auf dem Speiseplan der größeren Kojoten. In der Stadt hingegen rücken die beiden Spezies aus der Familie der Hunde enger zusammen und leben friedlich nebeneinander her, wie eine Studie aus Madison im US-Bundesstaat Wisconsin jetzt zeigt.

Im Januar 2015 zogen der Biologe David Drake und sein Student Marcus Mueller mit Kollegen durch Madison, fingen elf Kojoten und zwölf Rotfüchse, banden ihnen Halsbäder mit Radiotransmittern um und entließen die Tiere wieder in die Straßen der Stadt, die sie als Lebensraum offenbar bevorzugten. Über zwei Jahre hinweg beobachteten die Forscher die Bewegungen der besenderten Hundeartigen. So kam es zu der Entdeckung, dass Fuchs und Kojote in Ballungsräumen zu einer friedlichen Koexistenz finden. Eine mögliche Erklärung für die Verhaltensänderung wäre der Futterüberschuss, der die Tiere wahrscheinlich überhaupt erst in die Stadt gelockt hat. Gut gefüllte Mülleimer sind für manche Wildtiere wie Futterstationen. Sogar auf dem Campus der Universität in Madison hat sich bereits vor vier Jahren eine Fuchsfamilie niedergelassen.

Gegen die größeren Kojoten können Füchse nichts ausrichten und übelassen ihnen den Vortritt

Mueller, Drake und ihre Kollegen konnten anhand der Bewegungsmuster der 23 besenderten Tiere erkennen, wo sie sich zu welchen Zeiten aufgehalten haben. Im Fachjournal PLoS one beschreiben die Forscher, wie sich die Reviere der verfeindeten Arten zumindest teilweise zu überlappen begannen, obwohl beide Arten unterschiedliche Geländetypen bevorzugen. Kojoten suchten eher Gegenden auf mit hohem Naturanteil, die Füchse ließen sich auch in dichter bebauten Gegenden nieder. Die Forscher vermuten, dass die Füchse den Kojoten bei der Reviersuche den Vortritt lassen, weil sie bei einem Konflikt ohnehin keine Chance hätten. Doch die Füchse gewöhnen sich an die Präsenz der Kojoten. So konnten die Forscher beobachten, wie ein Kojote über Wochen hinweg immer wieder einen Fuchsbau aufsuchte, den die Bewohner dennoch nicht aufgaben. In einem anderen Fall konnten Drake und Müller in ihren Datenspuren erkennen, dass ein Fuchs und ein Kojote mit nur wenigen Metern Abstand nach Futter gesucht haben. Beide Arten sind vorwiegend in der Nacht aktiv, Kojoten scheuen den Menschen dabei mehr als Füchse.

Und auch vor Wölfen weichen die Kojoten, deren Größe zwischen Wolf und Fuchs liegt. Das hat sich in Nordamerika in Gebieten gezeigt, in die Wölfe nach langer Zeit wieder zurückgekehrt waren. Den größeren und stärkeren Tieren haben Kojoten wenig entgegenzusetzen. Sie verschwinden, was den Füchsen wiederum Vorteile bietet. Fuchs und Wolf nämlich können gut nebeneinander leben, weil sie in der Regel nach verschiedenen Tieren jagen. Verschwinden Wölfe aus einem Gebiet, kommen die Kojoten - und die Füchse müssen sich vorsehen.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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