Behandlungsfehler im OP:Richtige und falsche Knie

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Immer wieder kommt es bei Operationen zu Verwechslungen, die zum Teil gravierende Folgen haben. Doch solche Fehler sind vermeidbar.

Nina von Hardenberg

München - Der Fall hat den Chirurgen lange beschäftigt: Bertil Bouillon war noch Assistenzarzt, als er kurzfristig zu einer Gelenkspiegelung dazu gerufen wurde. Die Patientin, eine junge Weitspringerin, war mit Verdacht auf Meniskusschaden in das Krankenhaus eingewiesen worden. Sie lag bereits fertig abgedeckt im OP-Saal.

Vor der Operation muss eindeutig geklärt werden, was behandelt werden soll. (Foto: Foto: dpa)

Das Ärzteteam begann die Operation, konnte aber nichts finden. Nachher stellte sich heraus warum: Sie hatten das falsche Knie operiert. Die Patientin hatte in ihrer Aufregung auf dem Aufklärungsbogen die falsche Seite bestätigt. "Ich wollte auf keinen Fall, dass so etwas noch mal vorkommt", sagt Bouillon, der inzwischen Chefarzt am Uniklinikum Köln-Merheim ist. Seither markiert er die Stelle immer, während der Patient wach ist.

Es gibt keine exakten Daten darüber, wie häufig Verwechslungen in Deutschland auftreten, denn es gibt keine zentrale Meldestelle und auch keine Pflicht zu melden.

Doch immer wieder berichten Medien von Fällen, die zum Teil gravierende Folgen haben, etwa wenn ein falsches Bein amputiert oder der gesunde Lungenflügel entfernt wird. Dabei sind solche Fehler vermeidbar, wenn Vorkehrungen getroffen werden, sind Vertreter des Aktionsbündnisses Patientensicherheit überzeugt.

Das Bündnis hat deshalb Empfehlungen zur Prävention von Verwechslungsfehlern bei Operationen herausgegeben.

Vier Schritte gilt es dabei einzuhalten: Zuerst lässt sich der zuständige Arzt bei einem Aufklärungsgespräch die Stelle für den Eingriff zeigen und vergleicht sie mit den Patientenakten. Am Morgen der Operation markiert der Arzt die Stelle eindeutig und zwar während der Patient noch wach ist. Kurz vor der Operation überprüft das Team, ob der richtige Patient in den Operationssaal gebracht wurde. Vor dem ersten Schnitt hält das Team noch einmal kurz inne und geht alle Punkte erneut durch.

Wirkung der Maßnahmen noch unklar

Ob die Vorsichtsmaßnahmen, die inzwischen von vielen Krankenhäusern übernommen wurden, Wirkung zeigen, muss sich noch rausstellen. Eine US-Organisation zur Verbesserung der Patientensicherheit kam kürzlich zu einem skeptischen Ergebnis.

So wurden dort pro Monat neun Verwechslungen gemeldet - das war mehr als drei Jahre zuvor, als es die amerikanischen Empfehlungen noch nicht gab. Bouillon wirbt für Verständnis: Auch Ärzte seien fehlbar. Wichtig sei, dass aus den Fehlern gelernt werde und sie künftig vermieden würden.

Am besten kann sich der Patient selbst schützen. Er sollte genau prüfen, was auf der Einwilligungserklärung steht. Und er sollte darauf bestehen, dass das zu operierende Körperteil markiert wird.

© SZ vom 28.02.2008/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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