Archäologie:Robinsons Reste

Lesezeit: 1 min

Archäologen haben auf einer Insel vor der Küste Chiles Gegenstände gefunden, die nur einem europäischen Einsiedler aus dem frühen 18. Jahrhundert gehört haben können.

Titus Arnu

Kein Telefon. Keine Büroarbeit. Kein Stress. Wer hauptberuflich als Einsiedler auf einer einsamen Insel lebt, hat ein paar Standortvorteile. Die Nachteile überwiegen allerdings: Es gibt keinen Supermarkt, keinen Friseur und auch keine Kneipe, in der man Leute kennenlernen könnte, zumal es auch keine Menschen gibt.

Titelseite der Erstausgabe von Defoes Robinson Crusoe (1719). (Foto: Foto: oh)

Als Robinson Crusoe, der gestrandete Seemann aus Daniel Defoes legendärem Roman, nach einsamen Jahren doch mal Leute trifft, sind es Kannibalen - die er tötet und sich anschließend mit deren Mittagessen anfreundet - seinem späteren Freund Freitag. Ob es diesen Eingeborenen tatsächlich gab, ist zweifelhaft. Wissenschaftler haben aber nun bewiesen, dass ein Mensch wie Crusoe in Wirklichkeit existierte.

Auf der Insel Mas A Tierra vor der Küste Chiles, die mittlerweile in Isla Robinsón Crusoe umgetauft wurde, entdeckten Archäologen kürzlich Gegenstände, die nur einem Europäer aus dem frühen 18. Jahrhundert gehört haben können, zum Beispiel einen Navigationszirkel.

Von ihren Funden berichten die Forscher nun ausführlich in der Fachzeitschrift Post-Medieval Archaeology. Das Grabungs-Team um den japanischen Forscher Daisuke Takahashi und David Caldwell vom National Museum of Scotland geht davon aus, dass es sich bei der Insel Mas A Tierra um jenes Eiland handelt, auf dem das reale Robinson-Vorbild strandete - es war wohl der britische Seefahrer Alexander Selkirk.

Der Schriftsteller Daniel Defoe hatte die abenteuerliche Geschichte dieses Seemanns in einer Zeitschrift gelesen und daraus seinen Roman entwickelt. Über den Einsiedler Selkirk war bislang nur schriftlich belegt, dass er sich 1704 nach einem Streit mit seinem Kapitän auf einer Insel aussetzen ließ. Die Gegenstände, die von den Archäologen gefunden wurden, müssen ihm gehört haben. Selkirk wurde übrigens von einem britischen Schiff gerettet, nach vier Jahren. Der fiktive Einsiedler aus dem Roman musste es ganze 28 Jahre auf der Insel aushalten.

© SZ vom 31.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: