Aquakultur:Die Sushi-Krise

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Weil die Seetang-Industrie so rasant gewachsen ist, warnen Forscher davor, die Fehler der intensiven Landwirtschaft zu wiederholen: Monokulturen und zu viele Algennetze auf zu wenig Fläche machten es Schädlingen leicht. Sie fordern mehr genetische Vielfalt.

Von Marlene Weiss

Die boomende Algen-Aquakultur droht ähnliche Fehler zu machen wie die intensive Landwirtschaft oder die Fischzucht, mahnen Forscher. Eine Gruppe um Elizabeth Cottier-Cook vom Scottish Marine Institute in Großbritannien und Nidhi Nagabhatla vom Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit der UN-Universität in Kanada hat nun Empfehlungen an die Algen-Industrie veröffentlicht: Demnach sind besonders die verbreiteten Monokulturen und die geringe genetische Vielfalt ein Risiko.

Tatsächlich ist die Algen-Produktion rasant gewachsen: Laut der Welternährungsorganisation FAO wurden 2014 weltweit mehr als 27 Millionen Tonnen Algen geerntet, seit den Siebzigerjahren hat sich die Produktion ungefähr alle zehn Jahre verdoppelt. Inzwischen werden mit Algen jährlich gut sechs Milliarden Dollar umgesetzt, laut UN-Universität mehr als beispielsweise mit Zitronen und Limetten. Vor allem sind das Makroalgen, zu deutsch Seetang. Sie werden großteils zu Lebensmitteln verarbeitet, etwa als Gelatine-Ersatz wie Agar-Agar oder als Nori-Blätter und Suppeneinlage in der asiatischen Küche. Aber auch als Dünger, für die Tierfütterung oder für Kosmetika werden sie eingesetzt. Etwa 80 Prozent der Produktion entfallen auf China und Indonesien.

Angesichts dieses schnellen Wachstums warnen die Forscher davor, die Produktion unbedacht zu steigern. Viele Algen vermehren sich nicht sexuell, so dass weltweit genetisch identische Klone angebaut werden. Das macht sie anfällig für Schädlinge, die sich umso leichter ausbreiten, wenn etwa die Pflanznetze zu dicht aneinandergesetzt werden. Die Wissenschaftler empfehlen Forschungszentren und Samenbanken, die resistente Sorten entwickeln und bewahren sollen. Algenfarmer sollen besser ausgebildet werden, um die Verbreitung von Krankheiten einzudämmen; natürliche Algenbestände sollen vor eingeschleppten Zuchtarten geschützt werden.

"Ökologisch ist es eine gute Idee, an Küsten Makroalgen zu züchten, die Frage ist nur, wie man das auf nachhaltige Weise tut", sagt Ulf Karsten, der an der Universität Rostock über Algen und Gewässerökologie forscht. "Bei Monokulturen auf riesigen Flächen kann ein einziger Schädling große Probleme machen, gemischte Aquakulturen mit Grün-, Braun- und Rotalgen oder auch mal Fischen sind sicherlich gesünder und robuster."

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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