Angst vor der Sturmflut:Premiere für ein Riesenbollwerk

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Zum ersten Mal seit seiner Einweihung 1997 schützt das gigantische Maeslant-Sturmflutwehr die niederländische Stadt Rotterdam vor einer Sturmflut. Seit Mitternacht ist der Hafen dicht.

Markus C. Schulte von Drach

Noch ist die befürchtete Sturmflut ausgeblieben. Doch für den Tag bereiten sich die Nordsee-Anrainer auf Schlimmeres vor.

Das Maeslant-Sturmflutwehr vor dem Ausfahren der Tore. (Foto: Foto: Google Earth)

Rotterdam hat aufgrund der hohen Wasserstände infolge des Sturms Thilo sogar das riesige Maeslant-Sturmflutwehr geschlossen, um den größten Hafen Europas zu schützen. Der Schiffsverkehr ist dort damit vollständig lahmgelegt.

Es ist das erste Mal seit der Fertigstellung im Jahre 1997, dass die Stadt die gigantische Anlage unter realen Sturmbedingungen einsetzt.

In der Nacht wurden die beiden halbrunden Flügel mit einer Länge von jeweils 210 Metern aufeinanderzugeschwenkt, um den Nieuwe Waterweg, die 20 Kilometer lange und 360 Meter breite Wasserstraße zwischen der Nordsee und dem Hafen, zu unterbrechen.

Anlass, die gigantische Anlage zu bauen, war die Überschwemmung von 1953. Damals waren die Deiche an mehr als 500 Stellen gebrochen, mehr als 1800 Menschen starben. Danach erhöhten die Niederländer ihre Deiche und errichteten 1986 das Deltawerk, um das Mündungsdelta von Rhein, Maas und Schelde von der Nordsee abzutrennen.

1991 begannen schließlich die Bauarbeiten am Maeslantwehr. Im Mai 1997 wurde die mehr als 600 Millionen Euro teure Anlage durch Königin Beatrix offiziell eröffnet. Anschließend wurden die Tore einmal aus- und wieder eingefahren.

Die Konstruktion besteht aus den beiden 22 Meter hohen Toren, die mit mehr als 200 Meter langen Stahlarmen über Kugelgelenke mit einem Durchmesser von zehn Metern um ihre Basis bewegt werden. Die Arme ähneln in ihrer Struktur dem Eifelturm, doch jedes Tor ist mit einem Gewicht von 6800 Tonnen insgesamt zwei Mal so schwer wie das Wahrzeichen von Paris.

Bislang befanden sich die Flügel in ihren Trockendocks auf beiden Seiten des Nieuwe Waterwegs. In der Nacht wurden diese geflutet. Die aufschwimmenden Flügel wurden, von ihren jeweiligen Kontrollzentren aus gesteuert, aufeinanderzubewegt. Anschließend wurden sie wie U-Boot-Tanks geflutet, so dass sie sich senkten.

Kurz bevor sie auf dem Untergrund aufsetzen, wächst die Strömung unter den Toren stark genug an, um etwaige Ablagerungen an der Konstruktion fortzureißen. Danach setzen die Flügel auf und verschließen den Wasserweg. Um ein Zusammenstoßen der Flügel zu verhindern, bleibt zwischen beiden allerdings ein Spalt offen.

Die Schließung ist nicht die erste seit der Einweihung des Wehrs. Die Anlage wird zur Kontrolle regelmäßig geschlossen. Erstmals aber soll das Maeslantwehr Rotterdam und die dahinterliegende Region tatsächlich vor einer Sturmflut schützen. Die Behörden erwarten, dass der Hafen am Freitag wieder geöffnet wird.

Die Norsee-Anrainer bereiten sich auf den Sturm vor.

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