50 Jahre Nasa:Die Grenzen der Euphorie

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In den kommenden Jahren muss sich die Nasa mehr als bisher um Unterstützung, Budgets und neue Technik kümmern.

Alexander Stirn

"Obwohl wir stolz auf die Errungenschaften der Vergangenheit sein können, liegt das echte Weltraumzeitalter noch vor uns", schreibt der amtierende Nasa-Chef Michael Griffin in einer Festschrift zum 50. Geburtstag der US-Raumfahrtbehörde. Es ist eine nette Umschreibung der Tatsache, dass sich die Nasa in den kommenden Jahren und Jahrzehnten mit gravierenden Problemen konfrontiert sieht.

Nasa-Chef Michael Griffin (Foto: Foto: AP)

Die Mittel sind begrenzt. 17,3 Milliarden Dollar stehen der Nasa im aktuellen Haushaltsjahr zur Verfügung. Ein Großteil des Geldes ist allerdings für die Entwicklung eines Nachfolgers der veralteten Spaceshuttle-Flotte reserviert. Unbemannte Forschungssonden, Experimente auf der Internationalen Raumstation ISS oder Aeronautik-Projekte werden gekürzt.

Die Euphorie lässt nach. Als Präsident Kennedy 1961 den Plan verkündete, einen Amerikaner auf den Mond zu schießen, stand die Nation hinter ihm. Als George W. Bush 2004 seine Mond- und Mars-Agenda bekanntgab, sah er sich mit Skepsis konfrontiert: Wie teuer, wie gefährlich, wie sinnvoll sind solche Pläne? Von einer Weltraumeuphorie, oder gar einer neuen Aufbruchsstimmung ist Amerika - und die Nasa - weit entfernt.

Technische Tücken: Nach den bisherigen Plänen soll der Spaceshuttle im Jahr 2010 zum letzten Mal starten. Die Nachfolge-Rakete mit dem Namen Ares dürfte aber, wie neue Nasa-Dokumente belegen, frühestens 2015 bereitstehen. Die Zeitung Orlando Sentinel aus Florida will sogar Belege haben, dass die Nasa erst in einigen Jahren sagen kann, ob die Rakete in ihrer derzeitigen Form überhaupt flugfähig ist. Es soll Probleme mit dem Rettungssystem und dem Hitzeschild der Ares geben.

Die Privatwirtschaft hält nicht Schritt: Um zwischen 2010 und 2015 nicht ausschließlich auf russische Raumschiffe angewiesen zu sein, hat die Nasa private Unternehmen mit der Entwicklung neuer Transportvehikel beauftragt. Doch die Initiativen konnten ihre Leistungsfähigkeit bislang nicht unter Beweis stellen; einer Firma musste die finanzielle Unterstützung durch die Nasa sogar gestrichen werden - wegen Erfolglosigkeit.

Die Supermächte sind nicht mehr allein im All: Indien, China, Japan, zwischenzeitlich sogar Deutschland - viele Nationen wollen (und sei es unbemannt) derzeit zum Mond fliegen. Die Nasa gerät dadurch unter Erfolgsdruck. Sie erhält aber dadurch, ganz wie im Kalten Krieg, auch neue Argumente: Obwohl China betont, kein bemanntes Mondprogramm zu verfolgen, nutzt Griffin die vermeintliche chinesische Bedrohung, um zu Hause für Unterstützung zu werben.

Politische Unwägbarkeiten: Raumfahrt ist im aktuellen US-Wahlkampf kein Thema - für die Nasa ein schlechtes Zeichen. Der demokratische Kandidat Barack Obama will Weltraumforschung vor allem in den Dienst der Menschheit, der Umwelt und der Energieforschung, stellen. Und der Republikaner John McCain ist während seiner Zeit als Senator vor allem dadurch aufgefallen, dass er eine Kostenobergrenze für die Internationale Raumstation durchgedrückt hat.

Es klingt also fast ein bisschen trotzig, wenn Michael Griffin trotz all dieser Probleme sagt: "Im 21. Jahrhundert werden sich die Menschheit und ihre Werte auf das Sonnensystem ausbreiten. Die USA müssen dabei die Führung übernehmen - durch die Nasa."

© SZ vom 29.7.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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