Zwischen den Zahlen:Datenwäsche

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Immer mehr USB-Sticks landen Studien zufolge in Großbritannien in der Reinigung - das gibt zu denken. Sind Geheimnisse in der Heimat von James Bond nach Meinung der Experten besonders gefährdet? Alles sehr rätselhaft.

Von Björn Finke

Die Fachleute trauen sich eine außergewöhnlich genaue Schätzung zu: Exakt 22 266 USB-Sticks fänden britische Textilreinigungen pro Jahr in der Kleidung von Kunden, heißt es in einer neuen Studie der slowakischen Sicherheits-Softwarefirma Eset. Das ist eine dramatische Steigerung zum Jahr 2009. Bereits damals war ein Software-Unternehmen der drängenden Frage nachgegangen, wie viele der kleinen Datenträger Reinigungen in der schmutzigen Wäsche der Briten entdecken. Der US-Anbieter Credant Technologies verkündete, es seien 9000 Fälle jährlich, also weniger als die Hälfte des aktuellen Werts.

Dass sich das Forschungsfeld Textilreinigung einer gewissen Beliebtheit erfreut, hat schnöde kommerzielle Gründe. Beide Betriebe verdienen ihr Geld unter anderem mit Programmen, die Daten verschlüsseln. Deswegen ist der Hinweis darauf geschäftsfördernd, dass Menschen offenbar häufig Sticks mit potenziell brisanten Dateien verlieren. Ist der Datenträger unverschlüsselt, kann der Finder problemlos Firmengeheimnisse, intime Fotos, Kochrezepte oder was auch immer auf dem Stick gespeichert war, kopieren.

Das Unternehmen Eset betont in seiner Mitteilung, "keines der verfügbaren Waschprogramme" von Reinigungen garantiere, dass der Stick in der Hosentasche danach unlesbar sei. Er ist vielleicht nur schön sauber. Der Wäscherei-Mitarbeiter, der den Stick in der Trommel entdeckt, könnte ihn trotzdem aus Neugierde in den eigenen Rechner stecken und auf die Dateien zugreifen.

Die Methodik der beiden bahnbrechenden Studien ist ähnlich. Die Wissenschaftler fragten gut 500 Reinigungen im Königreich, wie viele Sticks sie gefunden haben. Die Antworten rechneten sie dann auf die Gesamtzahl der Wäschereien im Lande hoch. Offen bleibt der Grund für die enorme Steigerung über sieben Jahre: Sind die Untertanen Ihrer Majestät schusseliger geworden? Oder sind USB-Sticks nur weiter verbreitet? Tragen Menschen Datenträger häufiger als früher in Hosentaschen spazieren, weil sie flexibel mal zu Hause, mal im Büro arbeiten?

Und wieso beschlossen eine Firma aus der Slowakei und eine aus den Vereinigten Staaten unabhängig voneinander, als Studienland Großbritannien zu wählen? Sind Geheimnisse in der Heimat von James Bond nach Meinung dieser Experten besonders gefährdet? Alles sehr rätselhaft. Es gibt also viel Bedarf an weiteren Untersuchungen.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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