Zuversicht an der Börse:Treibstoff für den Aufschwung

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Die Unternehmensgewinne entwickeln sich besser als erwartet. Das könnte für weitere Kursgewinne am Aktienmarkt sorgen - behaupten Analysten.

Catherine Hoffmann

Neue Zahlen, neues Glück. Die Unternehmen berichten in diesen Wochen über die Geschäfte im dritten Quartal. An der Börse werden die Ergebnisse mit Spannung erwartet. Die Konzernchefs müssen nun beweisen, dass sie die jüngst erhaltenen Vorschusslorbeeren auch tatsächlich verdienen, dass die Wirtschaft besser läuft als gedacht. In der ersten Jahreshälfte waren die Quartalsbilanzen der Aktiengesellschaften Glücksbringer für die Kurse: Die Manager übertrafen die pessimistischen Erwartungen der Analysten mit Leichtigkeit und nährten so den Kursaufschwung an der Börse.

Was die Unternehmen erwarten (Foto: Grafik: SZ)

Viele Aktienstrategen sind überzeugt, dass es weiter aufwärts geht, wenn auch nicht so schwungvoll. "Die Analysten waren sehr vorsichtig mit ihren Gewinnschätzungen für das dritte Quartal, das heißt die meisten Firmen schneiden besser ab als prognostiziert", sagt Thomas Schüssler Fondsmanager bei der Investmentgesellschaft DWS. "Das treibt die Kurse." Wichtigster Grund für die guten Zahlen: Die Unternehmen sind mit ihren Kostensparprogrammen viel schneller vorangekommen als vermutet.

So mancher Konzernlenker sah Ende 2008 schon die Welt untergehen. Als die Aufträge von heute auf morgen wegbrachen, sahen sich viele Unternehmer in ihrer Existenz bedroht. Um das Schlimmste abzuwenden haben sie nach Kräften gespart, Werke geschlossen, Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und oft auch entlassen.

Mehr als nur Kosten sparen

Beim Autobauer Daimler beispielsweise begann Anfang Januar für zehntausende Beschäftigte die Kurzarbeit. So begegnete das Management der massiven Absatzkrise auf dem Automarkt. Im März warnte Konzernchef Dieter Zetsche vor einer "Jahrhundertkrise" und verschärfte das Milliarden-Sparprogramm. In dieser Woche überraschte Daimler dann mit schwarzen Zahlen.

Inzwischen sind die Anleger am Kostensparen nicht mehr besonders interessiert. Denn kein Firmenlenker kann unbegrenzt Kosten einsparen, das schadet dem eigenen Unternehmen und der gesamten Wirtschaft. Was die Börsianer jetzt sehen wollen, ist mehr Umsatz. Nach dem dramatischen Einbruch vor einem Jahr füllen sich die Auftragsbücher allerdings nur langsam.

Doch die Anleger nehmen schon kleinste Verbesserungen begeistert auf - zum Beispiel bei Alcoa: Der Umsatz des amerikanischen Aluminiumherstellers lag im dritten Quartal um neun Prozent über dem Vorquartal. Im Jahresvergleich brach der Umsatz jedoch um rund ein Drittel ein - es reichte dennoch für eine Kursrally.

Die Anleger wissen: Schon ein kleines Umsatzplus hilft schlanken Firmen zu deutlich höheren Gewinnen. Und das beflügelt die Kurse und verteuert die Aktien. Gemessen an den durchschnittlichen Konzerngewinnen der vergangenen zehn Jahre liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis am amerikanischen Aktienmarkt (S&P 500) deshalb schon wieder über seinem langfristigen Mittel, wenn auch nicht sehr viel. Die Zahlen dürften sich noch relativieren, wenn die Gewinne der US-Unternehmen 2010 tatsächlich um rund ein Viertel zulegen, wie es Analysten vorhersagen.

Für den deutschen Aktienmarkt prognostizieren sie sogar einen Gewinnanstieg von bis zu 40 Prozent. Das signalisieren auch Frühindikatoren für die Wirtschaft wie der ifo-Erwartungsindex, der die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen für die kommenden sechs Monate misst (Grafik).

Wachsende Zuversicht

"Wenn eine tragfähige wirtschaftliche Erholung einsetzt und die US-Notenbank an ihrer Nullzinspolitik festhält, geht es am Aktienmarkt weiter aufwärts", sagt Claudia Windt, Leiterin der Marktstrategie bei der Helaba. Dass es so kommt, daran hegt sie keine Zweifel. "Ich glaube nicht, dass die Volkswirtschaften noch einmal so tief einbrechen werden, dass es zu einer zweiten Rezession kommt."

Die Strategin rechnet für die USA mit 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr, in Europa dürften es 1,7 Prozent sein. Ein bisschen Wachstum und geringe Zinsen, das wäre angenehm für die Unternehmen. Zudem rechtfertigen Minizinsen höhere Bewertungen am Aktienmarkt - und sie locken Anleger an die Börse.

Denn was ist die Alternative zum Dividendenpapier? "Null Prozent auf dem Bankkonto, drei Prozent für zehnjährige Staatsanleihen oder vier Prozent für Unternehmensanleihen", sagt Schüssler. "Im Vergleich dazu sehen Aktien gut aus."

Es hängt an der Zinspolitik

Das könnte noch so manchen Anleger, der sich über die schwindenden Zinsen auf seinem Tagesgeldkonto ärgert, zum Aktienkauf veranlassen. Bis Mitte nächsten Jahres dürfte die Rally am Aktienmarkt noch laufen, glaubt Helaba-Strategin Windt. Wie weit genau, hänge davon ab, wann die Notenbanken gegensteuern. "Ich sehe den Dax in der Spitze bei 6500 Punkten und den Dow Jones bei 10800 Zählern."

Doch die Angst bleibt, dass es ganz anders kommt. Schüssler erinnert alle, die morgen schon den nächsten Börsenkrach erwarten, an das Jahr 2003. Nach dem Platzen der Internetblase hatten sich die Aktienkurse in den USA halbiert, dann kam es von März bis zum Jahresende zu einer starken Erholung - wie diesmal.

Und danach? "Es ging eine ganze Zeitlang seitwärts, bevor die Kurse wieder kräftig zulegten", erzählt Schüssler. "Der Markt muss ja nicht gleich kollabieren, wenn der Atem für einen weiteren Aufstieg fehlt." Nachgeben aber können die Kurse. So sorgte am Mittwoch der Einzelhandelskonzern Wal Mart für eine kleine Ausverkaufswelle an der Wall Street.

Das Unternehmen hatte massive Preissenkungen angekündigt. Das Beispiel zeigt: An Preissteigerungen - den dritten großen Gewinntreiber der Unternehmen neben Einsparungen und höheren Umsätzen - ist vorerst nicht zu denken.

© SZ vom 23.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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