Zumwinkel-Affäre:Staatsanwalt verteidigt Bewährungsstrafe

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Politiker werfen dem ehemaligen Post-Chef vor, er habe seine 20-Millionen-Pension vor Gericht verschwiegen - doch diese war nicht maßgeblich für das Urteil.

Hans Leyendecker

Als Klaus Zumwinkel im Januar in seinem Bochumer Prozess gebeten wurde, seine Vermögensverhältnisse offenzulegen, machte er folgende Auflistung: Ihm gehöre eine 800 Jahre alte Burg über dem Gardasee, die nach einer umfänglichen Renovierung etwa fünf Millionen Euro wert sei. Außerdem habe er ein Motorboot und zwei Autos. Seine Finanzanlagen - wie beispielsweise Aktien - seien etwa acht Millionen Euro wert. Für 2009 erwarte er ein Jahreseinkommen in Höhe von 600 000 Euro netto. Dass es sich dabei im Wesentlichen um Pensionszahlungen der Post handelte, brauchte er gar nicht besonders zu erwähnen. Also summa summarum: 13 Millionen Euro Vermögen.

Ex-Post-Chef Zumwinkel - "die Auflage ist unabhängig von seinem Vermögen festgelegt worden." (Foto: Foto: ddp)

Mancher Zuhörer im Saal des Landgerichts seufzte damals vernehmlich. Aufmerksam notierte einer der Ankläger, der Bochumer Oberstaatsanwalt Gerrit Gabriel, die Angaben Zumwinkels. Dass der wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und zu einer Bewährungsauflage in Höhe von einer Million Euro verurteilte Ex-Manager im Landgericht nicht darauf hinwies, dass er sich seine Pensionsansprüche auf einen Schlag auszahlen und 20 Millionen Euro kassieren wolle, hat in diesen Tagen zu Irritationen geführt. Politiker machten einen "Skandal" aus, sogar von "Prozessbetrug" war die Rede.

Hinterzogene Steuer als Anhaltspunkt

Hat Zumwinkel das Gericht belogen und seine Bewährungsauflage durch Verschweigen dieser Einmalzahlung gedrückt? "Unsinn", sagt der 40-jährige Gabriel, der die Schwerpunktabteilung Wirtschaft der Bochumer Staatsanwaltschaft leitet.

Für die Berechnung einer Bewährungsauflage gebe es unterschiedliche Parameter. "Wir haben die Höhe der hinterzogenen Summe zum Anhaltspunkt gemacht." Zumwinkel habe knapp eine Million Euro Steuern hinterzogen, folglich lag auch die Bewährungsauflage in dieser Größenordnung. "Die Auflage ist unabhängig von seinem Vermögen festgelegt worden."

Der einschlägige Paragraf 56b des Strafgesetzbuches weist darauf hin, dass sich solche Auflagen "besonders für Täter" eignen, die der Aufsicht und Hilfe während der Bewährungszeit nicht bedürfen, denen ihre Verurteilung aber "spürbar zu machen ist".

Wenn Zumwinkel, was er ursprünglich anstrebte, ohne öffentliche Hauptverhandlung mit einem Strafbefehl davongekommen wäre, hätte auch eine Geldstrafe nach Tagessätzen verhängt werden können. Das Strafgesetzbuch lässt bei Fällen wie bei Zumwinkel höchstens 360 Tagessätze zu jeweils 5000 Euro zu, also allenfalls 1,8 Millionen Euro. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte im vergangenen Jahr vorgeschlagen, angesichts der früher unvorstellbaren Einkommen der Spitzenverdiener die Tagessatzhöchstgrenze bei Geldstrafen auf 20.000 Euro zu erhöhen.

Verderbtheit der Manager

Dem 65-jährigen Zumwinkel "Versorgungsbezüge zuzugestehen", sagt Strafverfolger Gabriel, sei "nachvollziehbar". Diese Einmalzahlung sei "womöglich eine Besonderheit bei der Post, aber offensichtlich kein Fall für den Staatsanwalt".

Bei einer normalen Rentenversicherung ist eine Einmalzahlung nicht möglich, das gilt auch für die gewöhnlichen Betriebsrenten. Im Fall Zumwinkel hatte bereits 2002 der damalige Präsidialausschuss des Post-Aufsichtsrates dem damaligen Post-Chef Zumwinkel das Recht auf eine Einmalzahlung eingeräumt.

Zumwinkel gilt dennoch mittlerweile auch unter seinesgleichen als Symbol für die Verderbtheit der Manager. So will sich auch die Telekom-Spitze augenscheinlich von ihrem früheren Aufsichtsratschef distanzieren. Angeblich soll den Aktionären vorgeschlagen werden, Zumwinkel auf der Hauptversammlung des Konzerns Ende April für 2008 zunächst nicht zu entlasten. Die Telekom will den Ausgang der Ermittlungen in ihrer Datenaffäre abwarten, in die auch Zumwinkel verstrickt ist.

Ob sich die vorzeitige Auszahlung der Pension für Zumwinkel rechnet oder nicht, ist eine andere Frage. Wenn er in 35 Jahren etwa auf seiner Burg über dem Gardasee den 100. Geburtstag erleben sollte, wäre eine regelmäßige Monatspension möglicherweise lukrativer gewesen.

© SZ vom 18.03.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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