Zum Jubiläum von Disneyland:Donald, der Denunziant

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Wo sich junge und erwachsene Besucher gerne vergnügen, haben Mitarbeiter oft nichts zu lachen - im Freizeitpark Disneyland in Paris. Mit neuen Verhaltensregeln will nun der US-Konzern die Mitarbeiter seiner französischen Tochter überwachen.

Michael Kläsgen

Disneyland Paris feiert in diesen Tagen seinen 15. Geburtstag. Trotzdem haben die Mitarbeiter nicht viel zu lachen. Die Arbeitsbedingungen im Freizeitpark waren nie berauschend. Jetzt sollen sich Micky, Donald und Goofy auch noch gegenseitig denunzieren dürfen.

Die größten Freizeitparks in Europa und Deutschland. (Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Selbst wenn einer der verkleideten Mitarbeiter nur den Verdacht hegt, ein Kollege könnte sich dem Unternehmen gegenüber illoyal verhalten, darf er ihn anschwärzen. Das sehen die neuen Regeln für die 12000 Beschäftigten des Vergnügungsparks im Osten von Paris vor, die Disney in Kürze einführen will.

Auf Seite 20 des Katalogs für "professionelle Verhaltensregeln" heißt es: Jedem Beschäftigten obliegt es, etwaige unzulässige Praktiken oder Verstöße gegen die Ethik des Hauses anzuzeigen. Es folgen Telefonnummern, die Anonymität des Denunzianten bleibt gewahrt.

Die Gewerkschaften sind konsterniert, aber machtlos. Sie haben ein Anhörungs-, aber kein Mitspracherecht, und schon gar nicht die Möglichkeit, ein Veto einzulegen. Erst im vergangenen Monat lehnte der Betriebsrat den Vorschlag der Direktion ab, Überwachungskameras im Hauptverwaltungsgebäude zu installieren, erzählt David Charpentier von der CFDT.

Machtlose Gewerkschaften

Die Geschäftsführung beteuert, alle Maßnahmen stimmten mit dem französischen Arbeitsrecht überein. Sie seien wegen des Sarbanes-Oxley-Gesetzes in den USA erforderlich geworden, so ein Sprecher.

Das Gesetz regele nicht nur die Bilanzierung von Unternehmen, sondern auch deren interne Führung. Euro Disney, die Tochter der Walt Disney Company, stehe nicht allein. Die Öl-Konzerne Shell und Total würden ähnliche Verhaltensregeln einführen.

Schon 2004 wollte das US-Unternehmen bei seiner französischen Tochter strengere Regeln anordnen und Denunziationen ermöglichen. Die Leitung der pastellfarbenen Bilderbuchlandschaft in Marne-la-Vallée setzte sie aber nicht um, weshalb sie als zu nachgiebig galt und bald ausgewechselt wurde.

Streitlustige französische Miniröcke

Inzwischen hat die Direktion Sicherheitsagenten eingestellt, die die Beschäftigten beschatten. Die "Füchse" überwachen Kassen, Geldgeschäfte und Buchhaltung. Als verdeckte Ermittler beobachten sie aber auch das Verhalten der Mitarbeiter, vorgeblich mit dem Ziel, Diebstählen zuvorzukommen.

Seit Gründung des Freizeitparks sind die Arbeitsgerichte schwer beschäftigt. Hohe Absätze, Miniröcke, lange Haare, lange Fingernägel und Schnauzbärte wollte Euro Disney verbieten - vergeblich. Schneewittchen und die Sieben Zwerge erwiesen sich über die Jahre hinweg als ausgesprochen streitlustig.

© SZ vom 14.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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