Zulieferindustrie:Conti schließt Werke und streicht Stellen

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Conti-Mitarbeiter demonstrieren vor der Firmenzentrale in Hannover. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Der Konzern aus Hannover wurde vom schnellen Umstieg auf die E-Mobilität kalt erwischt. Der Aufsichtsrat stimmte nun einem massiven Sparprogramm zu: Werke werden geschlossen, Tausende Jobs gestrichen.

Von Angelika Slavik, Hannover/Hamburg

Der rasche Technologiewandel in der Autoindustrie trifft vor allem die Zulieferkonzerne hart - das gilt auch für das weltweit drittgrößte Unternehmen in der Branche, Continental.

Am Mittwoch stimmte der Aufsichtsrat zu, den Konzern massiv umzubauen - und dazu gehört auch der Abbau von mehreren Tausend Jobs. Konkret werden die Werke in Roding in der Oberpfalz und in Newport News in den USA geschlossen. An anderen Standorten werden Jobs abgebaut: Das gilt für das Werk in Babenhausen in Hessen ebenso wie für Limbach-Oberfrohna in Sachsen und für den Standort Pisa in Italien. Insgesamt sollen in diesem ersten Schritt etwa 5000 Stellen wegfallen. Bereits zuvor hatte Conti auch die Schließung des Standortes Henderson im US-Bundesstaat North Carolina und die Einstellung der Produktion von Lkw-Reifen in Malaysia bekannt gegeben. Damit summiert sich der Stellenabbau nach Unternehmensangaben auf knapp 6000 Arbeitsplätze.

Bei den Mitarbeitern regt sich Widerstand gegen die Sparpläne: Vor der Konzernzentrale in Hannover demonstrierten nach Angaben der IG Metall mehrere hundert Beschäftigte der von den Sparmaßnahmen betroffenen Standorte.

Die Einsparungen fangen allerdings erst an: Bereits Ende September hatte Conti angekündigt, binnen zehn Jahren bis zu 20 000 Stellen abbauen zu wollen. Das entspricht fast einem Zehntel der aktuellen Belegschaft. In Deutschland sollen etwa 7000 der derzeit 62 000 Stellen gefährdet sein. Im Zuge dieses Stellenabbaus könne man auch betriebsbedingte Kündigungen nicht ausschließen, heißt es in Hannover.

Definitiv zu Ende ist für Continental das Geschäft mit der Hydrauliktechnik für Verbrennungsmotoren: Aus dieser Sparte werde sich das Unternehmen vollständig zurückziehen, beschloss der Aufsichtsrat. Die Fertigung hydraulischer Komponenten für Benzin- und Dieselantriebe solle "in den kommenden Jahren" auslaufen, erklärte das Unternehmen.

Hintergrund sei der "durch verschärfte Abgasgesetze beschleunigte, disruptive Umstieg der Autoindustrie auf Elektromobilität", hieß es. Die Hydraulik-Nachfrage sei eingebrochen. Übersetzt: Die Zulieferer hatten nicht damit gerechnet, dass der Umstieg auf E-Mobilität bei den großen Autokonzernen mit so großem Tempo erfolgen würde. Volkswagen zum Beispiel hat sich nun vollkommen der E- Mobilität verschrieben und will bis zum Jahr 2030 75 verschiedene Elektro-Modelle auf den Markt bringen.

Conti setzt künftig auf Elektronik, Sensorik und automatisiertes Fahren

Dass die Autohersteller so ein Tempo vorlegen, liegt an den Abgasvorschriften, die jeweils für die gesamte angebotene Flotte gelten. Diese Vorgaben können sie nur erreichen, wenn das Segment der Elektroautos massiv zulegt. Continental stellte die für Verbrennermotoren notwendigen Hydraulikteile - wie Hochdruckpumpen oder Einspritzdüsen - in Roding, in Limbach-Oberfrohna, in Newport News und in Pisa her. Und beginnt dort nun mit Einsparungen. Stattdessen setzt der Konzern künftig Schwerpunkte in den Bereichen Elektronik, Sensorik und Technologien zum automatisierten Fahren. Auch die Reifensparte und das Geschäft mit Endkunden bleiben Schwerpunkte.

Kritik an den Plänen gab es von der Gewerkschaft: Die vorgelegten Konzepte seien "keine Antwort auf die Herausforderungen der Transformation", sagte Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Conti. Sie kündigte eine externe Prüfung der vom Konzern geplanten Maßnahmen an. Auch Francesco Grioli von der Gewerkschaft IG BCE und ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat, nannte die Maßnahmen "nicht überzeugend". Die Arbeitnehmervertreter hatten im Aufsichtsrat gegen die Pläne gestimmt.

Conti kündigte an, betroffenen Mitarbeitern Schulungen anzubieten, um sie sowohl für den internen als auch den externen Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Zudem wolle man mit anderen Firmen aus der Region zusammenarbeiten, um neue Arbeitsplätze zu vermitteln.

© SZ vom 21.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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