Zukunftsplan:Unter Strom

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Mitte November will das Management endlich die neue Strategie präsentieren, mit der der VW-Konzern die Krise überwinden soll. Noch aber gibt es intern Streitigkeiten. Der Aufsichtsrat will am Freitag über die Pläne sprechen.

Von Max Hägler und Angelika Slavik, Stuttgart/München

Sie machen sich selbst Druck, aber wahrscheinlich gehört das dazu, um diesen Apparat am Laufen zu halten, mit all den verschiedenen Interessengruppen: Am 18. November will das VW-Management erklären, wie es sich die Zukunft vorstellt. Der Name verheißt schon, dass dabei viel bewegt werden soll: Fünfjahresplan. Um die neuerdings 13 Marken (von Audi über MAN, Skoda und VW bis zu einer noch zu gründenden neuen "Digitalfirma") wird es gehen, um Elektroautos und Mobilität in einer digitalisierten Welt.

Ein großes Paket, das teuer sein wird und das auch herausfordernd ist, weil im Hintergrund die Milliardenbelastungen aus Fehlern der Vergangenheit stehen: Die Folgen des Dieselskandals - Schadenersatz, Umrüstungen, Strafzahlungen - kosten Geld, das für die elektrische Zukunft fehlt. Deshalb ringen nun vor allem Arbeitgeber und Arbeitnehmer darum, wie der Strategiewechsel bei Europas größtem Fahrzeughersteller vonstatten gehen soll, vor allem, wie er finanziert werden soll. So groß ist das Paket, dass bereits an diesem Freitag der Aufsichtsrat zusammenkommen wird, um über die Pläne zu sprechen. Oder um auch darüber zu streiten.

"Überflüssige Pfunde abtrainieren und zusätzliche Muskeln aufbauen", so erklärt Konzernchef Matthias Müller das Ziel. Aber viel sparen und dabei Geld ausgeben, das ist eben ein heikles Unterfangen. Im Zentrum steht dabei die größte und wichtigste Marke, VW, die etwa die Hälfte des Umsatzes von 200 Milliarden Euro erwirtschaftet. Aber davon bleibt beim Gewinn kaum etwas hängen; von einer Rendite in Höhe von fünf oder sechs Prozent ist man weit entfernt. Also gilt es, die Kosten zu senken. 3,7 Milliarden Euro jährlich will VW-Markenchef Herbert Diess einsparen. Der Konzern insgesamt soll dem Vernehmen nach etwa die doppelte Summe einsparen; von acht Milliarden ist mittlerweile die Rede. Auch die beiden Gewinnbringer Porsche und Audi sollen deutlich mithelfen.

Audi hat deshalb schon den Ausstieg aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft erklärt. Symbolträchtig zwar, aber es wird wohl nicht reichen als Beitrag. Und von Porsche heißt es: Wir werden unseren Euro eben nicht nur zweimal umdrehen, sondern dreimal. Ein Sparprogramm will man aber nicht auflegen. Die Devise: Wir helfen am meisten mit ordentlichen Ergebnissen, die durch ordentliche Produkte eingefahren werden - und die brauchen wahrnehmbare Investitionen. Das könnte ein kritischer Punkt am Freitag werden.

Die "Gläserne Manufaktur" in Dresden, wo bis vor einigen Monaten noch die VW-Luxuslimousine Phaeton gefertigt wurde, soll eines der Zentren für Elektromobilität von Volkswagen werden. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Die Arbeitnehmerseite verweist indes gerade bei der Marke VW seit Langem darauf, dass sich Golf, Passat und Co. vor allem in Europa und China gut verkaufen, es in anderen Teilen der Welt aber miserabel läuft. Insofern dürfte Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh das Ansinnen zurückweisen, dass ausgerechnet an deutschen Standorten das Meiste gespart werden soll. Von drei Milliarden als jährliche Zielvorgabe für Deutschland ist derzeit die Rede. Das sei ungerecht, heißt es von Arbeitnehmerseite, die etwa an Brasilien erinnert: Früher war das ein profitabler Markt, heutzutage ein Trauerspiel. Das aber habe nichts mit den Arbeitnehmern in deutschen Werken zu tun, sondern mit Fehlern im Management und im Vertrieb.

Nun kämpfen Manager Diess und Gewerkschafter Osterloh seit Monaten mehr oder weniger lautstark miteinander. Aber den ganz großen Krach erwartet am Freitag auch keiner. Betriebsbedingte Kündigungen haben die Arbeitgeber eigentlich ausgeschlossen, zumindest an deutschen Standorten. Und das, obwohl die Umstellung auf batteriebetriebene Autos viele Jobs in den Fabriken der herkömmlichen Verbrennerautos kosten wird: Elektrowagen sind deutlich unkomplizierter zu bauen als etwa Dieselautos. Im Gegenzug will Diess formal die 40-Stunden-Woche, was Osterloh aber ablehnt: Das sei doch schon jetzt möglich; aber nur mit seiner Zustimmung. Ein - sicher lösbarer - Kampf um Einfluss und das letzte Wort also.

Wird der Konzern also am 18. November seinen großen Plan präsentieren? Nicht unbedingt. Eine Einigungsautomatik gibt es nicht, warnen die Arbeitnehmer. Schon einmal wurde die Planungsrunde übrigens vertagt: im November 2009. Damals, als VW und Porsche gerade nach langem Kampf ihre Fusion beschlossen hatten.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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