Zukunft von Continental:Wennemer vor dem Showdown

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Conti vor der Aufsichtsratssitzung: Die Fronten sind verhärtet. Schmeißt der Conti-Chef hin oder will er nur ein höheres Angebot herauskitzeln?

S. Haas und M. Hesse

Die Fronten zwischen Continental und Schaeffler sind offenbar kurz vor der Aufsichtsratssitzung an diesem Mittwoch verhärtet. Zwar gab es bis zuletzt Gespräche zwischen Conti-Vorstandschef Manfred Wennemer und der Schaeffler-Spitze, um eine einvernehmliche Lösung zu finden, wie aus dem Umfeld von Conti zu hören ist.

Wohin steuert Conti? Vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung ist alles immer noch offen. (Foto: Foto: AP)

Doch sieht sich Schaeffler offenbar vor der Sitzung nicht veranlasst, Zugeständnisse zu machen. Sollten sich beide Seiten nicht einigen, wird der Aufsichtsrat voraussichtlich am Mittwoch erste Abwehrmaßnahmen gegen das Übernahmeangebot beschließen. "Der Aufsichtsrat muss mit Abwehrmaßnahmen reagieren", hieß es im Kreis der Beraterbanken.

Wennemer könnte hinschmeißen

Aus der Branche verlautete am Dienstag, Conti-Chef Wennemer werde seinen Job hinwerfen, wenn sich der Aufsichtsrat gegen eine Abwehrstrategie entscheidet. Wennemer habe sich in den vergangenen Wochen eindeutig gegen Schaeffler positioniert und werde die Kontrollübernahme daher vermutlich nicht mittragen. Die Kreise bezweifelten, dass er sich von Schaeffler vorschreiben lasse, wie er Continental zu führen habe.

Im Umfeld von Conti heißt es andererseits, Wennemer wolle in erster Linie ein höheres Gebot erreichen. "Es geht nicht darum, dass Conti eine Übernahme durch Schaeffler fundamental ablehnt", sagte ein mit der Situation vertrauter Banker. Ein Kompromiss müsse ein verbessertes Angebot und inhaltliche Zusagen umfassen. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat ist für ein Zusammengehen mit Schaeffler grundsätzlich offen, fordert aber Garantien.

Arbeitnehmerseite will Beschäftigungsgarantien

"Die IG Metall strebt eine verbindliche und einklagbare Regelung an, in der die Unternehmensstruktur, die Arbeitsplätze, die Standorte sowie die Tarifverträge und der Erhalt der Mitbestimmung verbindlich garantiert werden", sagte Hartmut Meine, Mitglied im Aufsichtsrat bei Conti und Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen.

Auch die IG BCE, die durch ihr Vorstandsmitglied Werner Bischoff im Aufsichtsrat von Conti vertreten ist, fordert Beschäftigungsgarantien. "Die Garantien müssen rechtlich belastbar sein", sagte Hubertus Schmoldt, Chef der IG BCE. Zur Sitzung des Kontrollgremiums sagte er, da Conti mit Schaeffler vor dem Übernahmeversuch Gespräche geführt hätten, gebe es offensichtlich strategische Gründe für eine Zusammenarbeit.

Der Aufsichtsrat werde die Optionen eines Zusammengehens prüfen, denn Conti sei im elektronischen Geschäft weltweit führend und Schaeffler sei in der Mechanik gut. "Aus beiden Unternehmen könnte somit ein Komplettanbieter werden", sagte Schmoldt. Selbst wenn Schaeffler abgewehrt würde, käme ein anderer Investor. "Doch die anderen steigen auch nicht zum Nulltarif ein. Alle Investoren wollen eine Rendite sehen."

Angst vor Contis Schuldenlast

Im Umfeld von Conti heißt es, es sei nicht zu erwarten, dass sich das Management mit einer leichten Erhöhung des Angebotspreises von 70,12 Euro zufriedengeben würde, etwa um zwei Euro. An der Börse aber gilt selbst eine solche Aufstockung als unwahrscheinlich. Der Kurs schloss am Dienstag mit 71,60 Euro.

Die Einschätzung der Börsianer hat vor allem einen Grund: Würde Schaeffler das Angebot deutlich aufstocken, stiege für die Gruppe die Gefahr, eine Mehrheit der Conti-Aktien angedient zu bekommen. Sie möchte jedoch lediglich mit einem Anteil von 30 bis 50 Prozent die Hauptversammlung kontrollieren.

Beim Kauf der Mehrheit müsste Schaeffler die komplette Schuldenlast Contis übernehmen, zudem könnten die Gläubiger des Dax-Konzerns bei einem Eigentümerwechsel neue Konditionen aushandeln. Zwar haben sechs Banken unter der Führung der Royal Bank of Scotland Schaeffler 16 Milliarden Euro Kredit garantiert. Ob das reicht, um ein aufgestocktes Angebot für Conti zu finanzieren, gilt aber in Bankenkreisen als fraglich.

Als wahrscheinlich gilt, dass Conti eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen wird. Dadurch würde sich die Angebotsfrist um sechs auf zehn Wochen verlängern. Unklar war bis zuletzt, was Gegenstand eines solchen Aktionärstreffens sein soll. Die Abwehroptionen gelten als begrenzt. Ein Gegenangebot durch Finanzinvestoren? Beteiligungsfonds von Carlyle bis Permira winkten ab, die Finanzierung gilt in Zeiten der Kreditkrise als schwierig.

Weißer Ritter nicht in Sicht

Die Gewerkschaften lehnen den Einstieg eines Finanzinvestors zudem ab. "Hedgefonds und Private-Equity-Fonds sind selten weiße Ritter und haben aus Sicht der Beschäftigten nur selten eine weiße Weste", sagte Meine. Der Einstieg eines Unternehmens mit strategischen Interessen?

Die meisten Autohersteller und Zulieferer stecken so tief in der Branchenkrise, dass große Zukäufe nicht in Frage kommen. Außerdem heißt es in Finanzkreisen, Schaeffler habe sich im Vorfeld der Kaufofferte bei Autoherstellern Rückendeckung eingeholt. Die Option, selbst einen großen Zukauf zu tätigen, hat Wennemer in das Reich der Phantasie verwiesen.

Auch die juristische Verteidigungslinie steht auf schwachen Füßen. Zwar ist denkbar, dass die Finanzaufsicht Bafin in Schaefflers Anschleichmanöver einen Verstoß gegen Meldepflichten erkennt. Experten interpretieren die Signale aus Bonn aber dahingehend, dass die Behörde die Übernahme auch dann nicht stoppen, sondern lediglich ein Bußgeld verhängen würde. "Die Prüfung dauert unverändert an", sagte eine Bafin-Sprecherin am Dienstag.

© SZ vom 13.08.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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