Zufälliger Held:Pizzafan und Virenjäger

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Ein 22-jährige Brite hat den globalen Cyber-Angriff gestoppt - aus Versehen. Eigentlich wollte der IT-Experte nur mehr über die Attacke erfahren.

Von Helmut Martin-Jung

"Sie können sich das vielleicht nicht vorstellen - ein erwachsener Mann, der vor Freude umherspringt, weil auf seinem Rechner eine Erpresser-Software läuft, aber so war das bei mir!" Marcus Hutchins, 22-jähriger IT-Experte, der in Großbritannien lebt und sich auf Twitter MalwareTech nennt, hat auch allen Grund dazu. Ihm ist es zu verdanken, dass die Attacke, die am Wochenende mehr als 200 000 Rechner von Firmen, Organisationen und Einzelpersonen lahmlegte, zum Erliegen kam - vorerst zumindest.

Der junge Mann versucht, den Rummel um seine Person möglichst kleinzuhalten. Er hatte gefunden, was im Englischen treffend kill switch heißt, also eine Art Not-Ausschalter in der Angriffssoftware. Im Programm-Code entdeckte der IT-Experte, der kein Studium absolviert hat, die kryptische Internetadresse www.iuqerfsodp9ifjaposdfjhgosurijfaewrwergwea.com. Er stellte fest, dass die Software versuchte, darauf zuzugreifen. Falls das nicht gelang, startete sie und verschlüsselte Dateien auf dem befallenen Computer und versuchte, sich weiter zu verbreiten. Um an weitere Informationen zu gelangen, forschte er nach der Seite, stellte aber fest, dass sie gar nicht registriert war. Das tat er in der Hoffnung, so mehr zu erfahren. In Wirklichkeit stoppte er damit die Attacke, wie ihm Forscher der renommierten Sicherheitsfirma Proofpoint bestätigten, die ebenfalls an dem Fall arbeiteten. Proofpoint schützt auch einen Großteil der Dax-Konzerne vor bösartigen Angriffen. Viele davon kommen mittlerweile nicht mehr über das Netzwerk, sondern als verseuchte Anhänge in E-Mails, die immer raffinierter und genauer auf Einzelpersonen in Unternehmen zugeschnitten seien, sagt Monika Schaufler, die das Geschäft von Proofpoint in den deutschsprachigen Ländern leitet.

Hutchins, der noch bei seinen Eltern lebt, und gerne surfen geht, wenn er nicht vor seinen Rechnern sitzt, hilft nun dem britischen Cybersicherheitszentrum bei dem Fall. Dort bekommt er vielleicht auch etwas Anständiges zu essen. In seinem Zimmer stießen britische Reporter auf eine Reihe von Pizza-Schachteln. Wenn er sich was kochen müsste, koste ihn das ja Zeit, kommentierte er. "So aber brauche ich nur anzurufen."

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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