Zigarettenpackungen:Horrorbilder statt Markenlogos

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  • Ein neues Gesetz verbietet es Zigarettenherstellern in Großbritannien von Mai 2016 an, Logos auf die Verpackung zu drucken.
  • Markennamen sind dann nur noch in vereinheitlichter Schrift erlaubt.
  • Die Branche ist empört: Die Entscheidung sei "ein irrationaler und unnötiger Angriff auf das private Eigentum" der Produzenten. Unternehmen wollen klagen.

Von Björn Finke, London

Das Schönste zum Schluss: Anfang Mai wählen die Briten ein neues Parlament, und getagt und abgestimmt wird nur noch bis Ende März. Doch was die Abgeordneten nun verabschiedeten, wenige Wochen vor Ende ihrer Amtszeit, hat es in sich. Das Gesetz beschert der Regierung in London viel Ärger. Und es könnte die Gesundheitspolitik in ganz Europa beeinflussen. Mit einer üppigen Mehrheit von 367 zu 113 Stimmen beschlossen die Politiker, dass Zigarettenschachteln und Verpackungen anderer Tabakprodukte von Mai 2016 an keine Logos mehr zeigen dürfen.

Zigarettenhersteller müssen die Markennamen in einheitlicher Schrift auf schmutzig-olivgrüne Schachteln drucken. Auf den Packungen dominieren Warnhinweise und unappetitliche Fotos über Folgen der Sucht. Der Verzicht auf die Logos soll vor allem Jugendliche davon abhalten, mit dem Rauchen anzufangen.

Die Branche ist empört: Die Entscheidung sei "ein irrationaler und unnötiger Angriff auf das private Eigentum" der Produzenten, sagt James Barge, Cheflobbyist von Philip Morris. Die Regierung enteigne Firmen, ohne sie zu entschädigen, sagt Jerome Abelman, der den gleichen Posten bei British American Tobacco innehat. "Das ist illegal sowohl unter britischem als auch unter EU-Recht", ergänzt der Manager des Lucky-Strike-Herstellers. Die Unternehmen kündigen Klagen an.

"Enteignung ohne Entschädigung"

Die Konzerne haben ihre Marken über Jahrzehnte mit vielen Werbemillionen aufgebaut und bekannt gemacht - doch wenn die Schachteln keine Logos mehr zeigen, wird diese Investition in Großbritannien entwertet. Das Gesetz, über das kommende Woche noch das britische Oberhaus abstimmt, gilt zunächst nur in England, da für Gesundheitspolitik in den anderen britischen Landesteilen die Regionalparlamente zuständig sind. Die versprechen allerdings, Englands Beispiel zu folgen.

In Australien führte die Regierung eine vergleichbare Regelung schon im Dezember 2012 ein. Vor zwei Wochen billigte die zweite Kammer des irischen Parlaments ein solches Gesetz, das wie das britische Pendant im kommenden Jahr in Kraft tritt. Andere Länder wagten diesen Schritt bisher nicht, wohl auch, weil die Konzerne Australiens Regierung deswegen in jahrelange Rechtsstreitigkeiten verwickelten. Vertreter von deutschen Ärzteverbänden forderten aber die Bundesregierung jetzt auf, es den Briten und Iren gleichzutun.

Es ist kein Zufall, dass die Regelung in Großbritannien und Irland erst von 2016 an gelten soll. In dem Jahr müssen die Hersteller ohnehin ihre Verpackungen in Europa verändern. Die neue Tabakprodukt-Richtlinie der EU schreibt vor, dass Schachteln dann zu zwei Dritteln von Warnhinweisen und abschreckenden Fotos bedeckt sein müssen. Außerdem verbietet der Rechtsakt Menthol-Zigaretten. Die Staaten haben bis Mai kommenden Jahres Zeit, entsprechende Gesetze zu erlassen.

Kein Marken, mehr gefälschte Zigaretten

In Großbritannien kündigte die Regierung aus Konservativen und Liberaldemokraten schon 2011 an, ein Verbot der Logos zu prüfen. Doch ging es hier lange nicht voran, auch wegen des Widerstands der Industrie. Bei der Abstimmung im Parlament herrschte nun kein Fraktionszwang; Premierminister David Cameron unterstützte das Gesetz, ein gutes Drittel der Abgeordneten seiner Partei, der Konservativen, stimmte gegen den Marken-Bann.

Die Regierung hatte zuvor Wissenschaftler die Folgen des Verbots in Australien untersuchen lassen. Die kamen zu dem Schluss, dass der Verzicht auf Marken zu einer mäßigen, aber wichtigen Verringerung der Anzahl an Rauchern führt. Die Tabakkonzerne argumentieren, es sei keineswegs bewiesen, dass dank dieses Verbots weniger Australier rauchten. Klar sei allerdings, dass der Marken-Bann den Verkauf gefälschter Zigaretten massiv ankurbele. In Großbritannien setzten Tabakhersteller im vergangenen Jahr geschätzte 27 Milliarden Euro um, der Fiskus kassierte 13 Milliarden Euro Steuern mit der Sucht. Umfragen zeigen, dass die große Mehrheit der Bürger das Markenverbot unterstützt.

Die Zigarettenindustrie wird das sicher nicht von ihren Klagen abbringen. Doch damit muss sich dann je nach Wahlausgang im Mai eine andere Regierung herumschlagen.

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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