Yukos-Krimi:Brüder im Geiste

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Also doch: Der Kreml hat das Filetstück des Yukos-Konzerns mittels eines Strohmanns unter seine Kontrolle gebracht. Die Methode erinnere stark an die Vorgehensweise des Yukos-Großaktionärs Chodorkowskij in den 90-er Jahren, sagen Kritiker.

Die kritische Moskauer Zeitung Nowaja Gaseta schrieb am Donnerstag zu der umstrittenen Zwangsversteigerung des Kernstücks Juganskneftegas der Ölfirma Yukos: "Präsident Wladimir Putin gibt Michail Chodorkowskij im Nachhinein Recht.

Die Methoden ähneln sich: Michail Chodorkowskij (links) und Wladimir Putin. (Foto: Foto: Reuters)

Der Präsident sagte, dass es bei der Versteigerung von Juganskneftegas strikt nach russischem Gesetz zugegangen sei.

"Strafsache genau studiert"

Chodorkowskij wird vorgeworfen, er habe (das Düngemittelwerk) Apatit mit Hilfe von Briefkastenfirmen aufgekauft. Allem Anschein nach haben die Käufer von Juganskneftegas die Strafsache Chodorkowskij genau studiert. Und dann sein Verhalten kopiert."

Zuvor war bekannt geworden, dass der Staatskonzern Rosneft 100 Prozent der Aktien der Baikal-Finanzgruppe aufgekauft habe. Dies gab die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf einen Rosneft-Sprecher bekannt.

Keine Büroräume

Baikal hatte Yuganskneftegas am Sonntag bei einer Zwangsversteigerung völlig überraschend erworben. Bis zur Versteigerung war das Unternehmen keinem Beobachter bekannt gewesen. An dem angegebenen Firmensitz im mittelrussischen Twer unterhielt Baikal offensichtlich auch keinerlei Büroräume.

Rosneft ist die letzte große Ölfirma in russischem Staatsbesitz. Seit Tagen kursierten allerdings schon Gerüchte, dass die Baikal-Finanzguppe in Verbindung zum Kreml stehe.

Mit dem Kauf will Rosneft nach Angaben des Sprechers seinen Umbau zu einem "ausgewogenen nationalen Energiekonzern" fortführen, indem die Förderkapazitäten entwickelt würden.

Der Erwerb von Yukanskneftegas sei "im Rahmen der Entwicklungsprojekte von Rosneft realisiert" worden. Die Baikal-Finanzgruppe hatte für umgerechnet sieben Milliarden Euro den Zuschlag für die bisherige Yukos-Fördertochter erhalten.

Enge Verbindungen

Rosneft ist der siebtgrößte Energiekonzern in Russland. Im vergangenen Jahr förderte er 19,4 Millionen Barrel Rohöl. Zwischen Rosneft und dem halbstaatlichen Konzern Gasprom, der lange als Anwärter auf den Kauf von Yuganskneftegas galt, bestehen enge Verbindungen.

Im September gaben beide Unternehmen den Plan für eine Fusion bekannt. Gasprom hatte sein Gebot für Yukanskneftegas kurz vor der Zwangsversteigerung zurückgezogen.

Bereits unmittelbar nach der Auktion hatten sich die Hinweise auf bislang unbekannte Hintermänner des Käuferunternehmens verdichtet. Russische Medien vermuteten Kreml-nahe Kreise hinter der Baikal-Finanzgruppe.

Yuganskneftegas war versteigert worden, um einen Teil der Steuernachzahlungen von Yukos in Höhe von umgerechnet 20,7 Milliarden Euro zu begleichen. Mit dem Erlös aus der Auktion wollten die Moskauer Behörden offiziell einen Teil der Yukos-Steuerschuld eintreiben.

Rechtliche Schritte angekündigt

Unterdessen kündigte Yukos rechtliche Schritte gegen Rosneft an. "Wer auch immer letztendlich der Käufer sein wird: Das Unternehmen und seine Aktionäre werden das Ergebnis dieser Versteigerung und die Besitzrechte des Erwerbers vor Gericht anfechten", sagte Yukos-Sprecher Alexander Schadrin der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag in Moskau. "Wir werden das in Moskau und vor internationalen Gerichten tun."

Yukos-Anwälte teilten außerdem dem amerikanischen Insolvenzgericht mit, dass sie wegen der Zwangsversteigerung von Jugansneftegas eine Entschädigung von etwa 20 Milliarden Dollar verlangen würden. Bei dem Gericht hatte Yukos zuvor in einer verzweifelten Aktion Insolvenz angemeldet, um die Zwangsversteigerung in letzter Minute noch zu verhinden.

Der inhaftierte Firmengründer Michail Chodorkowskij hatte der russischen Regierung bereits kurz nach der Zwangsversteigerung vorgeworfen, das "effizienteste Ölunternehmen" Russlands zerstört und sich ein "wunderbares Weihnachtsgeschenk genehmigt" zu haben.

"Politische Beweggründe"Chodorkowskij war im Oktober vergangenen Jahres festgenommen worden. Er hält dem Kreml politische Beweggründe vor, da er vor der Präsidentenwahl oppositionelle Parteien finanziell unterstützt hatte.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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