Es ist das erste große Abkommen zur Liberalisierung des globalen Handels seit fast zwei Jahrzehnten: Die Welthandelskonferenz WTO hat sich auf Bali auf ein weitreichendes Abkommen zum Abbau von Handelsschranken, den Abbau von Agrarsubventionen und Hilfen für Entwicklungsländer geeinigt.
"Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die WTO geliefert", erklärte WTO- Generaldirektor Roberto Azevêdo. Zuvor war tagelang gestritten und um Details gefeilscht worden. Indien, Kuba und andere Länder drohten mit einer Blockade. Jetzt wurde eine Einigung erzielt. Doch was bedeuten die Beschlüsse genau?
Was wurde auf Bali vereinbart?
159 Staaten haben das sogenannte Bali-Paket im Konsens verabschiedet. Es ist das erste weitreichende multilaterale Freihandelsabkommen, das seit der WTO-Gründung verabschiedet wurde. Die Einigung beinhaltet Aspekte der 2001 in Doha gestarteten Verhandlungsrunde. Mit dem Paket von insgesamt zehn Einzelvereinbarungen sollen unter anderem weltweit Zollabwicklungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr vereinfacht werden. Die ärmsten Entwicklungsländer sollen bessere Zugänge zu den Märkten der Industrie- und Schwellenländer erhalten. Die Entwicklungshilfe im Bereich des Handels soll verstärkt werden. Außerdem ist der Abbau von Agrarsubventionen vorgesehen.
Warum sprechen alle von einem Durchbruch?
Mit Tränen in den Augen dankte WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo in der letzen Sitzung allen, die den Erfolg ermöglicht hatten. Die Rührung kommt nicht von ungefähr: Einer der ganz großen Gewinner von Bali ist schließlich die WTO selbst. Sie war in Gefahr, bei einem Scheitern der Konferenz ihre Reputation als internationaler Schlichter in Handelsstreits und als Architekt und Wächter eines freieren Welthandels zu verspielen. Das hätte die 1995 gegründete Organisation in eine Existenzkrise gestürzt. Der US-Handelsbeauftragte Michael Froman erklärte, ein Misserfolg wäre "ein lähmender Schlag für die WTO als Forum multilateraler Verhandlungen"gewesen.
Was bringt die Vereinbarung?
Die Einigung auf das Bali-Paket wurde insbesondere von den Industriestaaten und Unternehmensverbänden begrüßt. Sie versprechen sich durch den Abbau von teuren bürokratischen Handelshindernissen neuen Schwung für den globalen Handel. Die von der Wirtschaft unterhaltene Internationale Handelskammer (ICC) sprach von einem "historischen Abkommen". Allein durch die nun beschlossenen Maßnahmen zur Vereinfachung der Zollabwicklung könnten Unternehmen weltweit zehn bis 15 Prozent ihrer Kosten für den grenzüberschreitenden Warenverkehr einsparen. Insgesamt seien durch das Bali-Paket Wachstumsimpulse im Umfang von bis zu einer Billion Dollar möglich. Dadurch könnten 21 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, die meisten in Entwicklungsländern, hieß es.
Wie kann Deutschland von der Einigung profitieren?
Ein richtiges und wichtiges Signal für den Freihandel nannte der Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, das Abkommen. Wenn alle nun beschlossenen Änderungen zum Tragen kommen, könne die deutsche Wirtschaft mit einem Wachstumsimpuls von 60 Milliarden Euro im Jahr rechnen, sagte er.
Deutschland ist mit einem Anteil von derzeit 7,65 Prozent an allen Exporten weltweit Nummer Drei in der Welt nach China und den USA. Die Bundesrepublik ist deshalb stark daran interessiert, dass die Türen für ihre Güter und Dienstleistungen in der Welt so weit offen wie möglich sind. Auf knapp 1,1 Billionen Euro belief sich im vergangenen Jahr das deutsche Ausfuhrvolumen, neun bis zehn Millionen Arbeitsplätze hängen von den Exporten ab. Mehr als jedes andere große Land ist Deutschland vom Welthandel abhängig.
Wenn nun Bürokratie im grenzüberschreitenden Handel abgebaut wird, merken das die deutschen Außenhändler besonders stark. Weniger Belege, Nachweise, Formblätter, Zertifikate bedeuten für deutsche Unternehmer niedrigere Kosten. "Jedes Handelsgeschäft beschäftigt im Durchschnitt 25 Personen, erfordert 40 Dokumente und führt zu 200 Datensätzen", umriss Jens Nagel vom Handelsverband BGA den Aufwand kürzlich.