Woolworths steht zum Verkauf:Billiger Jakob

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Für teure Produkte war der britische Ableger der Ladenkette Woolworths nie bekannt. Jetzt wird die Handelsgruppe selbst verscherbelt - für ein symbolisches Pfund.

Wolfgang Koydl

Für teure Luxus-Artikel war die Ladenkette nie und nirgendwo bekannt: Woolworths ist stets der Billige Jakob unter den Kaufhäusern gewesen - ob in den USA, wo es "Woolies" schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gibt, oder in Großbritannien und Deutschland (wo man Woolworth ohne "s" schreibt). Bekannt wurde die Firma in den Anfangsjahren dadurch, dass sie mit festen Niedrigpreisen für alle Waren warb, die sie im Angebot hatte: fünf und zehn Cent in Amerika, drei und sechs Pence in England, 25 und 50 Pfennig in Deutschland.

Aus für den britischen Ableger des Billigmarkts Woolworths: Die Ladenkette steht zum Verkauf. (Foto: Foto: AFP)

Doch nun steht der britische Ableger von Woolworths selbst zu einem absoluten Discountpreis zum Verkauf. Gerade mal ein Pfund Sterling (1,18 Euro) will die britische Tochter des US-Unternehmens Hilco für das hoch verschuldete und angesichts der Wirtschaftskrise massiv in Schieflage geratene Einzelhandelssegment von Woolworths zahlen. Zwei andere, profitable Geschäftszweige - ein Großhandelsvertrieb und ein Joint Venture mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender BBC zur Herstellung von DVDs - wären von dem Deal ausgenommen.

Hilco würde zum Ausgleich einen Teil der Woolworths-Schulden übernehmen, die sich auf knapp 300 Millionen Pfund (354 Millionen Euro) summieren. Unklar ist, ob dies auch die Verantwortung für das Defizit im Pensionsfonds des Warenhauses einschließen würde, das bei 100 Millionen Pfund (118 Millionen Euro) liegt.

Kursverfall um 83 Prozent

Hilco ist dafür bekannt, angeschlagene Firmen kostengünstig zu übernehmen, um sie anschließend abzuwickeln. Woolworths' größter Einzelaktionär, der iranische Investor Ardeshir Nagshineh, hat die Verkaufspläne unter den gegebenen Bedingungen denn auch als "inakzeptabel" und "lachhaft" gebrandmarkt. Nach seinen Worten beläuft sich allein der Immobilienwert der einzelnen Läden auf Hunderte Millionen Pfund.

Doch Nagshineh, der 10,2 Prozent der Aktien hält, vergaß darauf hinzuweisen, dass viele dieser Immobilien nicht im Besitz der Kette sind, sondern zu teilweise schlechten Bedingungen gepachtet wurden. Unübersehbar sind auch ökonomische Fakten: Der Kurs der Woolworths-Aktien fiel innerhalb des letzten Jahres um 83 Prozent. Der Gesamtwert des Unternehmens wird mittlerweile mit nur mehr 37 Millionen Pfund (43,7 Millionen Euro) beziffert.

Woolworths ist bereits seit Jahren unter Druck von Billigkonkurrenz sowohl durch Supermärkte als auch durch Online-Anbieter geraten. Der gegenwärtige Einbruch des Verbrauchervertrauens traf die Kette denn auch besonders unvorbereitet. Aber auch andere ehedem berühmte Namen der britischen High Street könnten nach Überzeugung von Analysten schon in den nächsten Monaten Opfer von Übernahmen werden. Genannt wurden der Sportartikelhändler JJB Sports, die Warenhauskette BHS und der Schreibwarengigant WH Smith.

© SZ vom 21.11.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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