Wo die Not groß ist:Hilfe für Biertrinker

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Die absonderlichen Subventionen der Bundesregierung.

Ulrich Schäfer

Das Werk hat 363 Seiten, es beschäftigt an diesem Mittwoch das Bundeskabinett und enthält ein großes Versprechen: Im Subventionsbericht kündigt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) an, dass die neue Regierung die Finanzhilfen kräftig kürzen will.

Wenn man allerdings ins Kleingedruckte des Berichts vordringt, befallen einen Zweifel: Wortreich wird da begründet, warum Mitarbeiter von Brauereien und Tabakherstellern ebenso der besonderen Hilfe des Saates bedürfen wie Kutterfischer, Schausteller oder Bauern in Bergregionen.

Haustrunk - seit 1918

So dürfen Brauereien ihre Angestellten jedes Jahr mit 200 Litern Bier beschenken, ohne dass diese den Vorteil versteuern müssen.

Der so genannte Haustrunk existiert seit 1918, und im Subventionsbericht heißt es zu den Gründen nur, diesen bestünden "vorerst fort".

Ein ähnliches Deputat erhalten auch die Mitarbeiter von Tabakkonzernen, ohne dass dieses klaren Grenzen unterliegt: Wenn ihr Arbeitgeber ihnen monatlich Zigaretten schenkt, müssen Art und Menge laut Tabaksteuergesetz lediglich "in einem angemessen Verhältnis zu den von dem Hersteller hergestellten oder versteuerten Mengen an gleichartigen Tabakwaren stehen".

Auch hier werden keine Steuern fällig: Dem Fiskus entgehen dadurch jedes Jahr sieben Millionen Euro, das Bier-Deputat kostet immerhin eine Million Euro.

Am Herzen liegt der neuen Regierung auch die Zukunft der Kutterfischer: Wenn ein Jungfischer ein neues Boot kaufen, gewährt der Staaten ihm ein besonders günstiges Darlehen.

"Der Kauf von gebrauchten Fischereifahrzeugen sowie deren Modernisierung und die Erstanschaffung von selektiven Fangtechniken können gefördert werden" - so steht es im Subventionsbericht. Eine Million Euro jährlich kostet die Hilfe für die Kutterfischer.

Erheblich mehr Geld fließt in andere Wirtschaftszweige an der Küste: den Schiffsbau, die Hochseefischerei oder das Reedereigeschäft. Wer einen Frachter über die Weltmeere schickt, muss auch in Zukunft nicht den Gewinn versteuern, sondern nur einen pauschalen Abschlag zahlen, der sich an der Größe der Schiffe orientiert.

Wer sich als Reeder verpflichtet, dauerhaft unter deutscher Flagge zu fahren, erhält einen Zuschuss; und wer als Seemann auf einem deutschen Schiff arbeitet, muss weniger Steuern zahlen.

61 Cent für ein Lamm

Vielfältig sind auch die staatlichen Hilfen, die in die Landwirtschaft fließen - und zwar zusätzlich zu den Zuschüssen der Europäischen Union: Wer sein Vieh bis zu einer Höhe von 4000 Euro versichert, muss keine Versicherungssteuer zahlen.

Wer die Qualität seiner Tiere überwachen und sie beringen lässt, bekommt für jedes Mastschwein 69 Cent, für jedes Mastlamm 61 Cent und für jedes Mastrind 28 Cent im Monat.

Und wer seinen Hof in besonders bergigen Regionen betreibt, erhält einen Zuschuss von 2360 Euro pro Jahr; hierdurch werde, so der Bericht, ein "wichtiger Beitrag zur Einkommenssicherung in den von den natürlichen Standortvoraussetzungen benachteiligten Gebieten geleistet".

Seit über vier Jahrzehnten erfreuen sich auch die Schausteller der besonderen Gunst des Bundes: Wer eine Zugmaschine besitzt, muss - so hat es die Regierung von Konrad Adenauer 1961 entschieden - dafür keine Kraftfahrzeugsteuer bezahlen; die Regierung von Helmut Kohl befreite im Jahr 1986 auch Wohn- und Packanhänger von der Steuer, soweit sie von Schaustellern genutzt werden; und es ist bislang nicht erkennbar, dass die Regierung von Angela Merkel an diesem Vorteil etwas ändern wird.

© SZ vom 15.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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