Wirtschaftsweise Bofinger:Wirtschaftsweiser: "Wachsende Ungleichheit bedroht die Welt, wie wir sie kennen"

Lesezeit: 1 Min.

Peter Bofinger: "In Deutschland fühlen sich die Anhänger der AfD besonders stark von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt." (Foto: AFP)

Darum will Peter Bofinger Gutverdiener zur Kasse bitten - und zwar ähnlich, wie es zu Zeiten von Kanzler Kohl üblich war.

Wer ihn in seinem Büro an der Uni Würzburg besucht, sieht eines sofort: Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, 62, hat den von ihm bekämpften deutschen Sparkurs immer im Blick. Von seinem Büro aus schaut er auf das Netz eines Gerüsts. Das dient nicht der Sanierung des historischen Gebäudes, sondern soll Studenten vor herabfallenden Fassadenteilen schützen. Und das seit Monaten. Ob das Gebäude saniert wird, steht dagegen in den Sternen. Um durchzublicken, hat Professor Bofinger größere Maschen im Netz durchgesetzt. Deshalb heißt das Ding an der Uni jetzt "Bofinger-Netz".

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung macht sich der Ökonom nach dem Brexit und dem Wahlsieg von Donald Trump große Sorgen um den Aufstieg des Populismus. Und er sieht einen zentralen Grund dafür: "Die wachsende Ungleichheit facht den Populismus an und bedroht die Welt, wie wir sie kennen", warnt Bofinger. "In Deutschland fühlen sich die Anhänger der AfD besonders stark von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt".

Um die wachsende Ungleichheit zu stoppen, will der Wirtschaftsweise Gutverdiener drastisch zur Kasse bitten. "Es wäre sicherlich angemessen, den Spitzensteuersatz wieder von 42 auf 56 Prozent erhöhen, wie zu Helmut Kohls Zeiten", sagt Bofinger. Der Spitzensteuersatz solle dafür erst bei einem höheren Einkommen als bisher einsetzen. Außerdem fordert der Würzburger Professor eine höhere Belastung von Erben. "Bei der Erbschaftsteuer sollte ein Satz von 15 Prozent auf wirklich alles gelten, mit Ausnahme des Häuschens von der Oma".

Mit den Einnahmen will Bofinger Verlierer der Globalisierung kompensieren, um den weiteren Aufstieg von Populisten wie der AfD zu verhindern. "Vor allem die weniger qualifizierten Arbeitnehmer gucken in die Röhre." Die deutsche Wirtschaftsleistung pro Kopf sei von 1991 bis 2013 um 29 Prozent gestiegen, aber das reale Nettoeinkommen für einen mittleren Haushalt nur um acht Prozent. Die unteren 30 Prozent der Haushalte verdienten netto nicht mehr als 1991.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPeter Bofinger im Interview
:"Manche Ökonomen sind einfach schlechte Verlierer"

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger über seinen ewigen Kampf mit der Mehrheit deutscher Volkswirte um Mindestlohn und Sparkurs. Weil die wachsende Ungleichheit der AfD helfe, fordert er 56 Prozent Spitzensteuersatz.

Interview von Alexander Hagelüken

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: